- FDP-Chef Christian Lindner verlangt eine Impfgarantie für alle Bürger bis zum Beginn der Sommerferien.
- Dafür müsse es beim Impfgipfel mit Kanzlerin Angela Merkel und den Länderchefs am kommenden Mittwoch handfeste Ergebnisse geben.
- Linder spricht sich vor allem für schnelleres Impfen bei Haus-, Fach- und Betriebsärzten aus.
Berlin. FDP-Chef Christian Lindner hat die Bundesregierung aufgefordert, den Bürgern eine Garantie für eine Corona-Erstimpfung bis zum Beginn der Sommerferien zu geben. Dazu müsse es beim Impfgipfel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Landesregierungschefs am kommenden Mittwoch aber handfeste Ergebnisse geben.
„Insbesondere erwarte ich, dass schneller über Haus-, Fach- und Betriebsärzte geimpft wird“, sagte Lindner der Nachrichtenagentur dpa. Merkel hatte davon gesprochen, dass allen Erwachsenen bis zum kalendarischen Sommerende am 21. September ein Impfangebot gemacht werden solle. Die Sommerferien beginnen je nach Bundesland unterschiedlich, die ersten am 21. Juni.
Unterdessen haben die Gesundheitsämter in Deutschland dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 12 674 Corona-Neuinfektionen gemeldet – und damit 3117 mehr als vor genau einer Woche. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag am Samstagmorgen mit 76,1 deutlich höher als am Vortag (72,4). Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 239 weitere Todesfälle verzeichnet.
Allerdings gibt es einen herben Rückschlag bei der Versorgung mit Corona-Impfstoffen: Der Hersteller Astrazeneca kündigte am Freitagabend erneut drastische Lieferkürzungen für die Europäische Union an. Statt der zuletzt anvisierten 220 Millionen Dosen sollen nur noch 100 Millionen bis zur Jahresmitte an die EU-Staaten gehen. Der deutsche Anteil daran liegt rechnerisch bei etwa 19 Millionen. Der Konzern begründete dies unter anderem mit Exportbeschränkungen, ohne Details zu nennen.
Hinzu kommt: Der neu zugelassene Impfstoff von Johnson & Johnson kommt nach Erwartung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erst Mitte oder Ende April. Hintergrund sind nach Angaben aus EU-Kreisen unter anderem Zweifel an der Exportpolitik der USA. Das Weiße Haus betont zwar, es gebe kein Exportverbot; Priorität sei aber, zuerst die US-Bevölkerung zu impfen. Die EU-Kommission hat von den vier in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffen insgesamt mindestens 1,4 Milliarden Dosen geordert – eigentlich mehr als genug für die rund 450 Millionen Europäer.
Merkel und die Ministerpräsidenten wollen am Mittwoch kommender Woche den Fahrplan für die Einbeziehung der Hausarztpraxen in der Impfkampagne festlegen. Dies ist für Anfang oder Mitte April angepeilt. Ziel sei es, „schnellstmöglich in einer Kombination von Impfzentren und Hausärzten den Impfstoff an die Bürger zu bringen“, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt. Dafür muss aber genug Impfstoff da sein, wie Spahn deutlich gemacht hatte.
Lindner: Impfangebote in Praxen ab Mitte April zu spät
Lindner forderte, auch die Apotheker einzubeziehen. „Erste Impfangebote in den Arztpraxen ab Mitte April kommen zu spät“, sagte er weiter. Kaum ein Land habe so ein engmaschiges Netz an Praxisärzten wie Deutschland.
Auch die gesundheitspolitische SPD-Fraktionssprecherin Sabine Dittmar dringt auf deren stärkere Einbindung: „Gerade in den Grenzgebieten mit hoher Inzidenz macht es absolut Sinn, die ambulanten Praxen umgehend einzubeziehen und eine Ringimpfung der Bevölkerung durchzuführen“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“. „Die niedergelassenen Ärzte könnten innerhalb von wenigen Tagen den kompletten vorrätigen Impfstoff problemlos verimpfen.“
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund übte Kritik an der Organisation der Länder. „Die Impfzentren der Länder müssen endlich besser aufgestellt werden“, verlangte die Vorsitzende Susanne Johna in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es müsse unbedingt verhindert werden, dass durch ausgefallene Termine Impfstoff vorübergehend auf Halde liege oder gar verworfen werde. Dazu müsse jedes Impfzentrum Listen mit Nachrückern führen und diese anrufen, sobald ein Termin frei werde, sowie eine Nachrücker-Hotline für Interessenten haben.
Angesichts der steigenden Infektionszahlen wird auch über die eigentlich vorgesehene „Notbremse“ diskutiert. In NRW soll diese zwischen Bund und Ländern verabredete Maßnahme bei Überschreiten einer landesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von 100 nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht automatisch greifen. Zunächst sei zu prüfen, welche Umstände zu der Überschreitung geführt hätten, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ/Samstag). „Wenn alleine durch die vielen zusätzlichen Testungen bei einem ansonsten stabilen Infektionsgeschehen die Zahlen steigen, muss man das bei den weiteren Bewertungen mit einbeziehen.“
Der Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg will trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 keine schärferen Corona-Regeln einführen. Der Kreis betont zwar, er gehöre seit mehreren Wochen zu den Regionen mit den höchsten Infektionswerten im Land. „Wenn die geltenden Regelungen beachtet werden, bedarf es keiner neuen Einschränkungen“, erklärte Landrat Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) aber am Freitag bei Facebook.
Quelle:
Redaktionsnetzwerk Deutschland – 14.03.21 – 08:00 Uhr
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