FÖST im Interview: Die Union hat jetzt erst mal interne Fragen zu klären


Bayerns FDP-Chef Daniel Föst gab der Bayerischen Staatszeitung (Freitagsausgabe) folgendes Interview. Die Fragen stellte Jürgen Umlauft.



Daniel Föst
Daniel Föst:

Bayerische Staatszeitung: Herr Föst, fangen wir mit einer einfachen Frage an: Ampel oder Jamaika?

Daniel Föst: Wir haben immer gesagt, für uns sind die Inhalte entscheidend. Wir treten nur in eine Regierung der Mitte ein, die Deutschland wieder bewegen will. Das kann sowohl in der Ampel als auch bei Jamaika sein. Aber als Liberale haben wir das Gefühl, dass die inhaltlichen Schnittmengen mit der Union am größten sind.

Wie nehmen Sie die Stimmung dazu in der Partei wahr?

Die Stimmung nach unserem Wahlerfolg ist gut. Wir haben – ebenso wie die Grünen – vom Wähler den klaren Auftrag erhalten, Deutschland zu reformieren. Für die Partei ist jetzt wichtig, was bei den Sondierungen herauskommt. In einer von uns mitgetragenen Regierung muss die liberale Handschrift erkennbar sein. Der Wille der Freien Demokraten, in Deutschland mitzuregieren und das Land im nächsten Jahrzehnt mitzuprägen, der ist da.

Sie sagen, die Schnittmengen mit der Union seien am größten. Halten Sie die Union in ihrem aktuellen Zustand überhaupt für koalitionsfähig?

Das ist ein schwieriger Punkt. Wir haben in den ersten Gesprächen versucht, Vertrauen aufzubauen. Da ist es natürlich wenig professionell, wenn aus diesen Gesprächen an die Medien berichtet wird. Das macht die Sache nicht leichter. Die Union muss sich jetzt erst einmal mit sich selbst befassen. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich nun erst die drei Wahlsieger SPD, FDP und Grüne zusammensetzen und die Union ihre internen Fragen klärt.

Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger präferiert nach Umfragen eindeutig die Ampel. Spielt das für Sie bei der Koalitionsentscheidung auch eine Rolle?

Für uns spielen die Inhalte die entscheidende Rolle. Wenn wir liberale Positionen durchsetzen können, dann gehen wir in eine Regierung. Ob das nun eine Ampel oder Jamaika ist, da dürfen wir uns nicht von Umfragen abhängig machen.

Wäre es nicht eine Chance für die FDP, in einer Ampel ihre Wurzeln als liberale Rechtsstaatspartei wieder zu stärken?

Parteitaktik spielt für uns jetzt eine untergeordnete Rolle. Es geht um die Aufarbeitung dessen, was in den vergangenen Jahren liegen geblieben ist – um bessere Bildung, das Voranbringen der Digitalisierung, die deutsche Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen, die Menschen zu entlasten.

Nun ist die FDP aber stärkste Kraft bei den Erstwählern geworden. Es ist kaum anzunehmen, dass diese jungen Menschen die FDP wegen ihres Konzepts zur Unternehmensbesteuerung gewählt haben.

Unsere grundlegende These, dass wir den Menschen wieder mehr zum Architekten seines eigenen Lebens machen wollen, dass wir den Schwächeren helfen wollen und den Stärkeren ermöglichen, Schwächere mitzuziehen, ist bei den jungen Menschen gut angekommen. Das haben wir schon im Wahlkampf gespürt. Auch unser Freiheitsgedanke und unser Grundvertrauen gegenüber dem Individuum hat den Lebensnerv vieler junger Menschen gut getroffen, auch unsere Betonung von Innovation und Technik.

Was ist aus Ihrer Sicht das Haupthindernis für eine Ampel?

Wir haben zwei ganz klare rote Linien definiert. Erstens: keine Steuererhöhungen mit der FDP. Wir nehmen da ausdrücklich die großen internationalen Tech-Konzerne und Internetplattformen wie Facebook, Google, Amazon und Co aus, die in Deutschland keine oder kaum Steuern zahlen und sich mit ihren Gewinnen nicht an der Finanzierung des Staates beteiligen. Zweitens: Die Schuldenbremse muss im Grundgesetz bleiben. Es muss bei dem intelligenten Mechanismus bleiben, dass man Schulden machen kann, wenn man muss – so wie jetzt gerade –, aber dass man auch Schulden tilgen muss, wenn man kann. Das sind die beiden harten roten Linien für die FDP.

Und was wären die Knackpunkte bei Jamaika?

Im Prinzip auch diese beiden. Mancher in der Union hat die Schuldenbremse ja auch schon infrage gestellt, was wir unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit für hochproblematisch halten. Nachhaltigkeit bedeutet nicht nur Umwelt und Klima, sondern dass künftige Generationen nicht durch Schulden erdrückt werden. Und gesellschaftspolitisch sind wir natürlich liberaler als CDU und CSU.

Will die FDP dieses Mal wirklich regieren oder kommt am Ende doch wieder die GroKo?

Wir wollen wirklich regieren. Wir wollten auch 2017 wirklich regieren. Nur ist die FDP eine Programmpartei, bei uns zählen die Inhalte. Die werfen wir für ein paar Dienstwägen nicht über Bord. Das galt 2017, und das gilt auch 2021. Wenn eine Koalition der Mitte zustande kommt, die Deutschland bewegen will, dann sind wir dabei. Wenn wir verhaftet werden sollen für ein „Weiter so!“ oder das Abwürgen des Aufschwungs durch Steuererhöhungen, dann sind wir nicht dabei.

Sollte es in Berlin zur Ampel kommen, wäre das auch ein Modell für Bayern, um die CSU 2023 nach sieben Jahrzehnten an der Macht abzulösen?

Wir passen unsere Ideen, Überzeugungen und Inhalte nicht dem Ziel an, irgendjemanden abzulösen oder zur Macht zu verhelfen. Das gilt für Deutschland wie für Bayern. In Bayern stehen auch unerledigte Hausaufgaben an. Die CSU verliert sich vielfach im Klein-Klein. Wenn wir Bayern fit machen können für die Zukunft, mit Digitalisierung, einem besseren Schulsystem und mehr Chancengerechtigkeit, dann sind wir bereit, in Bayern mitzuregieren. Ob das dann mit der CSU oder SPD und Grünen ist, hängt von der Situation ab.

Nach den jüngsten Umfragen ist die FDP in Bayern anders als im Bund weit entfernt von der Zweistelligkeit. Woran liegt das?

Bayern ist traditionell nicht das Kernland der FDP, obwohl wir die Liberalitas Bavariae im Herzen tragen. Wir haben aber in den vergangenen Jahren bei den Mitgliederzahlen deutlich aufgeholt und mit rund 8000 Mitgliedern jetzt endlich eine flächendeckende Präsenz. Außerdem haben wir unser Profil auch dank des Wiedereinzugs in den Landtag klar geschärft. Trotz der Differenz zum Bundestrend sind wir Liberale in Bayern auf einem guten Weg.

Sollte Jamaika scheitern, wird die CSU wohl alles einem Erfolg bei der Landtagswahl 2023 unterordnen. Ist Ihnen davor bange?

Das zeigt mir nur, in welchem Zustand die CSU ist. Ich weiß, dass die CSU in erster Linie auf sich selber schaut und sich vor allem über ihr Abschneiden bei der Landtagswahl definiert. Aber darauf sollte es nicht ankommen. Es geht um eine Politik für die Menschen und nicht für den Machterhalt.

Eine Frage noch an den Propheten Föst: Wird die Landtagswahl 2023 wieder eine Zitterpartie für die FDP?

Wir werden 2023 antreten, um an einer Regierung beteiligt zu sein. Auch in Bayern soll keine Regierung ohne uns möglich sein. Aus meiner Sicht wird das keine Zitterpartie.

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