Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Dr. Marco Buschmann gab vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:
„Die FDP-Fraktion kommt heute zu einer Sitzung zusammen und Schwerpunkt dieser wird die Beschäftigung mit einem Artikelgesetz sein, das unter anderem das Infektionsschutzgesetz, aber auch andere Gesetze ändern wird. Es geht in diesem Paket darum, einerseits angemessen, aber eben auch entschlossen auf die Gefahren der Corona-Pandemie zu reagieren. […] Uns ist eine Reparlamentarisierung dieser Politik sehr wichtig, da sie in großen Teilen auch mit Belastungen, mit schweren Belastungen für die Bürger verbunden ist. […] Dieses Gesetzespaket geht deshalb auch in einem regulären Gesetzgebungsverfahren auf den Weg. […] Wir werden auch heute schon den anderen Fraktionen des Hauses diese Vorlage übersenden. Uns ist dabei eines wichtig: Der Respekt vor dem Parlament und die Reparlamentarisierung der Corona-Politik bedeutet, dass die Abgeordneten nicht zuerst aus den Medien das erfahren, womit sie sich beschäftigen, sondern dass sie von uns eine vernünftige Beratungsgrundlage bekommen und egal welcher Fraktion sie dann angehören, dass sie sich auf dieser Grundlage damit auseinandersetzen können […] Und wir sind natürlich auch während des Gesetzgebungsverfahrens für Verbesserungsvorschläge offen. Wir stehen schon im laufenden Kontakt natürlich auch mit den Ländern, mit den Landesregierungen, natürlich auch mit anderen beteiligten Kreisen. Und wenn es dort sinnvolle Hinweise gibt, was wir im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch verbessern können, dann gehen wir damit sehr sachlich, offen und transparent um. […]
Mir ist bewusst, dass um den Begriff des Auslaufens der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite herum einige Unsicherheiten entstanden sind. Und mein Eindruck ist, vielleicht gibt es auch den einen oder anderen, der diese Unsicherheiten bewusst schürt. Deshalb will ich an dieser Stelle sagen: Die epidemische Notlage von nationaler Tragweite nach dem Infektionsschutzgesetz ist ein Rechtsinstitut. […] Es sagt erstmal nichts darüber aus, wie die Lage draußen ist, sondern es ordnet Rechtsfolgen an. Und die entscheidende Frage, ob dieses Rechtsinstitut richtig oder falsch ist, angemessen oder unangemessen ist, ist deshalb aus rationaler Sicht ausschließlich an den Rechtsfolgen zu bemessen. Und deshalb möchte ich auf insbesondere zwei Gruppen von Rechtsfolgen hinweisen. Erstens: Dieses Rechtsinstitut ordnet empfindliche Einschnitte in die Gewaltenteilung an. Es ermächtigt die Bundesregierung zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die sonst dem Parlament vorbehalten sind. Und das war eine gewisse Zeit sinnvoll, weil wir wenig über die Krankheit und auch wenig über die effektive Bekämpfung dieser Krankheit wussten und deshalb schnellstens in der Lage sein wollten, zu handeln. […] Mir kann heute niemand erklären, warum es dieser Eingriffe in die Gewaltenteilung noch bedarf. Und die Begründungslast unserer Verfassung im liberalen Verfassungsstaat ist ganz einfach. Wenn es nicht erforderlich ist, wenn es nicht begründet ist, wenn es nicht notwendig ist, in die Gewaltenteilung einzugreifen, dann ist es notwendig, nicht in die Gewaltenteilung einzugreifen […] Noch wichtiger ist eine zweite Gruppe von Rechtsfolgen. Dass Rechtsinstitut der epidemischen Notlage von nationaler Tragweite macht den Weg frei, auf die 14 Maßnahmen von Paragraf 28a Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuzugreifen. Das ist vermutlich eine der umstrittensten Normen der letzten Jahrzehnte. Wahrscheinlich ist es sogar die umstrittenste Norm seit der Notstandsgesetzgebung von 1968, weil hier tiefste Grundrechtseingriffe ermöglicht werden. […] Und wenn schon im Frühjahr 2020 dieses Instrument unverhältnismäßig war, dann ist dieses Instrument erst recht heute unverhältnismäßig. Weiterhin geht es um branchenbezogene Betriebsschließungen, es geht um kategoriale Schließung von Schulen, sprich um all das, was Bausteine dessen sind, was man gemeinhin Lockdown nennt. Und ich kann nicht erklären, wie wir, die wir als Land einer ganzen Generation von Schülern, von Studenten schlimmste Einschnitte in ihr Bürgerrecht auf Bildung zugemutet haben, wie wir das ihnen jetzt wieder androhen sollen. […] Und deshalb ist es wichtig, dass wir diese Instrumente abschalten aus 28a Absatz 1, denn es gibt Instrumente, um die Pandemie effektiv zu bekämpfen. […]
Unser Konzept zur Beendigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sieht vor, dass wir den Ländern effektive Rechtsgrundlagen zur Verfügung stellen, um die Pandemie weiterhin zu bekämpfen. Niemand hat behauptet, dass Corona vorbei sei. […] Es wird in Zukunft natürlich möglich sein, Maskenpflichten anzuordnen. Es wird in Zukunft natürlich möglich sein, Hygienekonzepte anzuordnen. Es wird in Zukunft natürlich möglich sein, auch Kapazitätsbegrenzungen anzuordnen und auch anzuordnen, dass es Nachweise darüber geben muss, ob man getestet, geimpft oder genesen ist. Das heißt, all das, was wir für die effektive Unterbrechung von Infektionsketten brauchen, werden die Länder auch weiterhin tun können. […] Ich kann nur an jeden appellieren: Wer behauptet, unser Konzept zur Beendigung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite mache die Länder wehrlos, der lügt, weil die Maßnahmen auf dem Tisch liegen, die ich vorhin beschrieben habe. […] Ich glaube übrigens, dass es auch nicht hinderlich ist, bei der effektiven Pandemie-Bekämpfung stärker die Prinzipien unseres Grundgesetzes zu berücksichtigen, sondern dass es uns stärker macht. Denn es gibt ein Prinzip in der Krisenbekämpfung, dass jeder Einsatzleiter bei der Feuerwehr, jeder Einsatzleiter bei der Polizei kennt, dass jeder militärische Anführer kennt und jede Führungskraft in der Wirtschaft. Und dieses Prinzip lautet, dass insbesondere in einer krisenhaften Situation Prioritätensetzung und Schwerpunktbildung erforderlich ist. Und wir haben dabei im letzten Jahr als Land versagt. […] Wir haben gesehen, dass Hunderte von Menschen in den Alten- und Pflegeheimen gestorben sind. Wir wussten, dass dort hochkonzentriert die verletzlichsten Menschen in dieser Krise leben. Und wir haben es nicht hinbekommen, unsere Kräfte so zu konzentrieren, dass wir sie effektiv schützen konnten. […] Statt über einen flächendeckenden Lockdown in Deutschland zu diskutieren, wie es möglicherweise der eine oder andere süddeutsche Politiker tut, statt uns also zu verzetteln in einer Diskussion, die fruchtlos ist, müssen wir unsere Kräfte dort konzentrieren, wo wir Menschenleben retten können. […] Und deshalb ist völlig klar, dass es jetzt entscheidend ist, die allgemeine Impfquote dort hoch zu bringen, dass wir die Booster-Impfungen dort vorantreiben müssen und dass wir uns um eine harte Testpflicht dort kümmern müssen. Und zwar insbesondere nicht nur für ungeimpfte Personen, weil wir kennen das Phänomen der Impfdurchbrüche. […] Da kommt es jetzt auf pragmatische Lösungen an […] Mein Eindruck ist, dass unabhängig von der Parteizugehörigkeit genau dieser sachliche und entschlossene Umgang sowohl vom übergroßen Teil der Landesregierungen gewünscht ist, dass es dafür eine übergroße Mehrheit auch hier im Hause gibt. Und dafür bieten wir jetzt die Grundlage mit unserem Artikelgesetz, mit unserem Konzept zur angemessenen, entschlossenen Bekämpfung von Corona und zur geordneten Beendigung eines Rechtsinstituts. […]“