BIRKNER-Interview: Wir wollen in Niedersachsen regieren

FDP-Präsidiumsgast und Spitzenkandidat der FDP Niedersachsen zur bevorstehenden Landtagswahl Dr. Stefan Birkner gab der „Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen“ (Sonnabend-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Peter Mlodoch:

Stefan Birkner Fraktionsvorsitzender
Stefan Birkner
Fraktionsvorsitzender

Frage: Herr Dr. Birkner, können Sie noch gut schlafen?

Birkner: Ja, das kann ich. Manchmal vielleicht stressbedingt nicht ganz so gut. Aber nicht aus Sorge oder Unruhe.

Frage: Nach den jüngsten Umfragen müssten Sie doch um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. Das beunruhigt Sie nicht?

Birkner: Nein. Es war zu erwarten, dass wir in dieser Phase unter Druck kommen. Es erfordert einen hohen Kommunikationsaufwand, um unsere wichtige Rolle in der Ampel im Bund hervorzuheben. In dieser allgemeinen Krise müssen wir die richtigen Antworten finden und diese den Menschen auch vermitteln.

Frage: Und was ist dann aktuell Ihr Wahlziel?

Birkner: Wir wollen regieren. Wir wollen unsere Inhalte, unseren Modernisierungsanspruch in der neuen Landesregierung verwirklichen.

Frage: Wäre dafür aber nicht ein zweistelliges Ergebnis nötig?

Birkner: Natürlich ist das wünschenswert und nach wie vor unser Ziel. Entscheidend kommt es aber darauf an, dass wir für eine Regierungsbildung gebraucht werden. Das Wahlergebnis soll nicht für Zweierkonstellationen ohne die FDP reichen.

Frage: Wünschen sich die Wähler aber nicht lieber stabile Zweierbündnisse?

Birkner: Das sehe ich anders. Rot-Grün wäre keine gute Option für Niedersachsen. Das hat ja sogar schon die CDU erkannt; sie plakatiert „Ampel kostet; Rot-Grün noch viel mehr“. Da kann ich nur sagen, genau, deswegen FDP.

Frage: Mit welchen Themen wollen Sie im Endspurt denn noch punkten?

Birkner: Es geht um eine Modernisierungsagenda für unser Land. Wir müssen die Bildung mit oberster Priorität in der Landespolitik betreiben und nicht mehr nur irgendwie verwalten. Bei der Digitalisierung müssen wir deutlich schneller vorankommen. Dazu braucht es völlig neues Denken. Es reicht nicht, analoge Dinge einfach nur digital abzubilden. Das LNG-Tempo, die schnelle Genehmigung und der Bau der neuen Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven, muss in ganz Niedersachsen Standard werden. Die Behörden müssen Partner der Investoren sein, nicht die Bedenkenträger.

Frage: Dringen Sie damit bei den Menschen durch?

Birkner: Diese Dinge treten natürlich angesichts der großen Krisen und der Energiepreis-Entwicklung in den Hintergrund. Die großen Existenzsorgen der Bäcker stehen stellvertretend für die gesamte Wirtschaft. Betroffen sind nicht mehr nur kleinere Betriebe, sondern längst auch die großen Industrieunternehmen. Die müssen ihre Produktion reduzieren und ihre Belegschaft in Kurzarbeit schicken. Das dominiert den Landtagswahlkampf. Und auch dafür wollen wir Antworten bieten.

Frage: Welche?

Birkner: Eine lautet Kernenergie. Wir müssen vorübergehend das Kernkraftwerk Emsland weiterbetreiben. Außerdem sollen Kohlekraftwerke wieder schnell ans Netz. Wir müssen so viele Kilowattstunden wie möglich jenseits des Gases erzeugen, anstatt Energie jetzt weiter zu verknappen. Im engen Austausch mit Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundestagsfraktionschef Christian Dürr geht es darum, in Berlin endlich schnell die nötigen Weichen zu stellen. Wir brauchen dringend eine Preisgrenze beim Strom und auch beim Gas.

Frage: Wenn der Staat einen Deckel beschließt, übernimmt er die Mehrkosten von Verbrauchern und Firmen. Geht das, ohne die Schuldenbremse anzutasten?

Birkner: Das wird sich zeigen. Die Schuldenbremse ist ungeheuer wichtig, um durch die Inflation zu kommen. Das grenzenlose Fluten mit Geld wäre die falsche Antwort. Deswegen setze ich auf eine Lösung mit Augenmaß. SPD und Grüne wollen dagegen die Diskussion nutzen, um die von ihr schon immer abgelehnte Schuldenbremse ganz abzuräumen. Auch schon vor Krieg und Energiekrise hat SPD-Ministerpräsident Stephan Weil doch alles getan, um die Schuldenbremse zu kippen. Jetzt scheint ihm auch CDU-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann folgen zu wollen. Unsere Rolle als FDP besteht darin, hier für eine seröse Haushaltspolitik zu sorgen.

Frage: Das klingt nach eisernem Sparwillen.

Birkner: Wir müssen den unbequemen Weg gehen und Dinge infrage stellen. Können wir uns noch den Neubau eines teuren Bundeskanzleramtes leisten? Ist die Förderung der E-Mobilität noch zeitgemäß? Andererseits haben wir Geld, nämlich aus den inflationsbedingten Steuermehreinnahmen. In Niedersachsen sind das fast eine Milliarde Euro. Unsere Angebote, dieses Geld wieder schnell an die Menschen zurückzugeben, hat der Ministerpräsident leider abgelehnt. Er nutzt das lieber als Wahlkampfinstrument, indem er Wohltaten nach seiner Wiederwahl verspricht.

Frage: Wird bei so viel Kritik eine Koalition nicht schwierig? Was wäre denn Ihre Wunschkonstellation?

Birkner: Die inhaltliche Überschneidung ist nach wie vor mit der CDU am größten. SPD-Spitzenkandidat Weil ist eher der pragmatische Verwalter. Mit ihm gäbe es sicher auch keine unüberwindbaren Hindernisse.

Frage: Bequemer wäre es doch aus Landessicht, wenn es hier wie im Bund eine Ampel gäbe.

Birkner: Ja. Aber Bequemlichkeit ist kein Argument. Es kommt auf die Inhalte an.

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