Schleswig-Holstein – Vogt & Krämer zu TOP 1 „Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen Klimaschutz für Schleswig-Holstein“

In seiner Rede zu TOP 1 (Aktuelle Stunde zu „Sondervermögen Klimaschutz“) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

Vogt
Christopher Vogt
Freie Demokraten FDP
Beisitzer im Bundesvorstand
Vorsitzender der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag

„Diese Aktuelle Stunde war leider notwendig geworden, weil wir als Opposition natürlich VOR der Debatte und der Abstimmung über den Landeshaushalt und die Finanzplanung wissen wollten, welche Finanzpolitik diese Koalition in den nächsten Jahren denn nun eigentlich betreiben will. Das war die letzten Tage – ausgerechnet kurz vor der Verabschiedung des ersten schwarz-grünen Landeshaushalts – völlig unklar geworden, da der Ministerpräsident sich in der vergangenen Woche recht kryptisch zu den Vorschlägen seiner Finanzministerin eingelassen hatte, die plötzlich die außerordentlich erfolgreichen Bundesländer Saarland, Bremen und Berlin als Vorbild nehmen will. Aber im Ernst: An Bremen, Berlin und dem Saarland sollten wir uns vor allem haushaltspolitisch nun wirklich nicht orientieren. Es ist ja schon eine besondere Leistung, dass die CDU nach über 20 Jahren in Berlin wieder die Landesregierung übernimmt und als erstes ein milliardenschweres Schuldenpaket auflegt, was selbst Rot-Rot-Grün nicht gemacht hat.

Schleswig-Holstein ist nach wie vor hochverschuldet, die Zinsbelastung steigt wieder massiv an, es gibt noch immer einen sehr hohen Investitionsstau und die Pensionslasten sind erdrückend. Uns wurde ja gerade erklärt, dass diese Aktuelle Stunde eigentlich gar nicht notwendig wäre. Wie notwendig sie war, haben allerdings gerade meine beiden Vorredner eindrucksvoll gezeigt. Ich bin froh und erleichtert, dass die CDU – zumindest bei dieser sehr grundlegenden Frage zur Zukunft unseres Bundeslandes – der Finanzministerin nicht folgt und ihren finanzpolitischen Vorstellungen eine Absage erteilt. Allerdings habe ich das Gefühl, dass wir die Finanzministerin immer noch ernster nehmen als die CDU. Denn wenn die Finanzministerin wenige Tage vor der Diskussion über den Haushalt und die Finanzplanung einen solchen Vorschlag öffentlich verlautbaren lässt, dann nehmen wir das ernst. Die CDU sagt nur: „Nein, es ist nichts passiert. Gehen Sie bitte weiter.“ Hätte die CDU ein solches Sondervermögen jetzt mitgemacht, dann wäre das nichts anderes als ein Offenbarungseid gewesen. Und man kann nur hoffen, dass die CDU die nächsten vier Jahre hier auch wirklich standhaft bleiben wird. Das wird wirklich interessant werden, denn bis vor 14 Tagen hätte ich mir auch nicht vorstellen können, dass die CDU-Fraktion hier einmal allen Ernstes beantragen und es dann auch noch öffentlich verteidigen würde, dem Landtag einen so genannten Klimabeirat mit weitreichenden Befugnissen an die Seite zu stellen. Ich bin der SPD und dem SSW ausgesprochen dankbar dafür, dass sie diesen Unsinn mit uns gemeinsam verhindert haben. Und ich weiß, dass es viele Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion ganz genauso sehen.

Der öffentliche Vorstoß der Finanzministerin für einen erneuten milliardenschweren Notkredit kam in der Sache ja nicht überraschend. Die Grünen haben ihre Finanzpolitik in den letzten Jahren grundlegend geändert. Das Thema Nachhaltigkeit spielt für sie bei den Staatsfinanzen leider keine Rolle mehr. Während Monika Heinold die Schuldenbremse gemeinsam mit uns eingeführt und lange Zeit vehement verteidigt hatte, wird diese bei den Grünen mittlerweile nicht mehr als Errungenschaft für mehr Generationengerechtigkeit, sondern nur noch als Hindernis für grüne Politik gesehen. Und da die Schuldenbremse nicht so leicht wieder abgeschafft werden kann, soll sie nun offenkundig dauerhaft ausgehebelt werden. Ich bedauere diese Entwicklung sehr und es wird das schwarz-grüne Bündnis zunehmend belasten.

Die Landesverfassung sieht in Artikel 61 Absatz 3 zu Recht Ausnahmen für ‚außergewöhnliche Notlagen‘ vor, die sich ‚der Kontrolle des Staates‘ entziehen. Dies war zu Beginn der Corona-Pandemie der Fall und dies war auch zu Beginn des Ukraine-Krieges der Fall. Der Klimawandel ist aber eine globale Herausforderung und der Klimaschutz eine staatliche Daueraufgabe, die von dieser Ausnahmeregelung in der Verfassung ganz klar nicht abgedeckt ist.

Trotz der heftigen Krisen der vergangenen Jahre hat das Land sehr hohe Steuereinnahmen. Deutschland ist nahezu Weltmeister bei Steuern und Abgaben. Der Klimaschutz erfordert zweifelsohne hohe Investitionen, aber mit staats- und planwirtschaftlichen Ansätzen und mit immer neuen Verboten werden wir auch hier nicht erfolgreich sein. Das wird nicht funktionieren. Das lehrt uns die Geschichte. Stattdessen brauchen wir vor allem mehr Anreize für private Investitionen und weniger Bürokratie und unnötige Hemmnisse. Die Grünen sollten vielleicht auch einmal mit Robert Habeck sprechen, ob es so sinnvoll ist, die Kernkraftwerke abzuschalten, Atomstrom aus Frankreich zu importieren und bei uns die Kohlekraftwerke wieder aus der Reserve zu holen.

Einen Dammbruch bei den Landesfinanzen zu Lasten der jungen Generationen, der diese endgültig überfordern würde, darf es nicht geben und das würden wir auch nicht mitmachen. Und wir hoffen, dass die CDU die nächsten vier Jahre standhaft bleibt.“

 

In ihrer Rede zu TOP 1 (Aktuelle Stunde zu „Sondervermögen Klimaschutz“) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:

Annabell Krämer
Annabell Krämer

„Im August 2022 erklärte die Finanzministerin die Corona-Notlage für beendet. Mitnichten bedeutete dieses, dass somit auf die nicht in Anspruch genommene Kreditermächtigung verzichtet wurde. Nein, in Höhe von über einer halben Milliarde Euro wurden zum Jahresende Kredite ohne Not tatsächlich aufgenommen und in ein ‚Sondervermögen‘ überführt. Die Rückführung der überschüssigen Kreditermächtigung wurde dem Bürger zudem nicht als Kürzung eines zu hoch bemessenen Verfügungsrahmens sondern dreist als Kredittilgung verkauft. In der Jamaika-Koalition haben wir Freie Demokraten durchgesetzt, dass Steuermehreinnahmen vor Kreditinanspruchnahme für Bedarfe aus der Corona-Notlage einzusetzen sind. Dieser Passus war den Grünen von Anfang an ein Dorn im Auge und wurde in der ersten Parlamentstagung nach der Sommerpause mit Zweidrittelmehrheit zum 31.12.2022 für nichtig erklärt.

Problematisch war für Schwarz-Grün allerdings, dass die Steuereinnahmen bereits 2022 unerwartet durch die Decke gingen. Steuermehreinnahmen, die die Bedarfe, die aus dem Corona-Notkredit gedeckt werden sollten, mehr als überschritten. Schwarz-Grün hat sich ungeachtet des noch gültigen Parlamentsbeschlusses ungehemmt beim Corona-Notkredit bedient, obwohl Steuermehreinnahmen für die Bedarfe zur Verfügung standen und die Inanspruchnahme dieser auch vorrangig waren.

Wir haben gemeinsam im Frühjahr 2022 die Umwidmung von 400 Millionen Euro aus dem Corona-Notkredit in einen Ukraine-Notkredit beschlossen. Hiervon sollten Geflüchtete untergebracht, integriert, und deren Kinder behütet in den Kitas versorgt werden. Weiterhin wollten wir kurzfristig Hilfen zur Verfügung stellen, damit unsere Wirtschaft, unsere Vereine und Verbände und unsere Bürgerinnen und Bürger trotz der gestiegenen Energiepreise gut über den Winter kommen. Das war ein richtiger Beschluss.

Im Dezember hat die schwarz-grüne Landesregierung nicht nur über eine halbe Milliarde verbliebene Corona-Notkredite gebunkert sondern zusätzlich eine Milliarde Euro Ukraine-Notkredit aufgenommen, obwohl von dem bestehenden Kreditrahmen in Höhe von 400 Millionen Euro zum Jahresende 2022 erst 70 Millionen Euro in Anspruch genommen wurden. Bereits damals war mir klar, der Hunger der Grünen und der Finanzministerin Heinold nach Notkrediten ist unstillbar.

Daniel Günther hat Ende Dezember versucht, diesen Eindruck zu verwischen, indem er Folgendes verlautbarte: ‚Mit den aufgenommenen Krediten gehen wir verantwortungsvoll um; die nicht genutzten Notkredite aus den Corona-Nothilfen tilgen wir Ende dieses Jahres.‘ Nichts da – mittlerweile werden aus dem Corona-Notkredit fröhlich Klimaprojekte finanziert. Im Januar sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU noch, ‚anders als die Corona-Pandemie oder der Ukrainekrieg ist der Klimawandel kein überraschendes externes Ereignis, das der Kontrolle des Staates entzogen ist. Genau hierin besteht aber die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Aufnahme von Notkrediten.‘ Da hatte ich tatsächlich die Hoffnung, dass langsam die richtige Erkenntnis gereift wäre. Mitnichten – im Haushaltsentwurf 2023 wird der Ukraine-Notkredit ungehemmt für Klimainvestitionen missbraucht.

Finanzministerin Heinold verkündet letzten Donnerstag, dass Schwarz-Grün die kompletten Einnahmen aus dem Verkauf des Schiffsportfolios der HSH in Höhe von 200 Millionen Euro für Klimainvestitionen reserviert und zudem hierfür 145 Millionen Euro aus dem Notkredit bereitgestellt werden. Das sind faktisch 345 Millionen Euro aus Ukraine-Notkrediten, weil Sie damit genau diese Haushaltsmittel der Bewältigung der Ukraine-Krise entziehen. Werter Herr Kollege Koch, wie bringen Sie das mit Ihrer Aussage in Einklang?

Gestern verkündeten Sie erneut vollmundig, ein schuldenfinanziertes Sondervermögen sei mit der Schuldenbremse nicht vereinbar. Das sehe ich genauso aber wie ist das mit den Verlautbarungen des Ministerpräsidenten vereinbar? Dieser sagte, inhaltlich sei das angeregte Sondervermögen für Klimaschutz kein neuer Punkt der Grünen. Ich zitiere: ‚Es ist gut, dass jetzt auch die Grünen erkannt haben, dass wir die Klimaneutralität nicht mit dauerhaften Schulden finanzieren können.‘ Herr Ministerpräsident, was ist der Unterschied zwischen dem von den Grünen geforderten kreditfinanzierte Sondervermögen und neuen Schulden?

Mir macht diese Landesregierung Angst, wenn nicht einmal der Ministerpräsident bis heute begriffen hat, dass die Verschuldungsträume von Monika Heinold kein Ende nehmen und nicht erkennt, dass ein kreditfinanziertes Sondervermögen identisch ist mit neuen Schulden. Herr Ministerpräsident, ich stehe gerne zur Verfügung, um Ihnen die einfachsten finanzpolitischen Begriffe zu erklären. Vielleicht bewahrt Sie das in Zukunft vor solchen Aussagen.

Ansonsten hilft es vielleicht, wenn die CDU-Fraktion anfängt, auf ihre Jugendorganisation zu hören, die anscheinend als einzige bei der Union noch nicht finanzpolitisch irrlichtert. ‚Anstatt generationengerechte Haushaltspolitik zu machen und alle möglichen Einsparpotentiale im Haushalt herauszuarbeiten, verspielt die Finanzministerin Vertrauen in ihre Arbeit und seriöse Haushaltspolitik.‘

Ich habe immer gesagt, dass mit dem unnötigen zweiten Ukraine-Notkredit die Büchse der Pandora geöffnet wurde, um Grüne Klimawunschprojekte zu finanzieren. Verschuldung auf Vorrat – das ist das neue Leitmotiv dieser Landesregierung.“

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert