FDP-Präsidiumsmitglied und Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann gab der „Rheinischen Post“ und der „Rheinischen Post Online“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Hagen Strauss:
Frage: Herr Minister, die Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes ist auf der Zielgeraden. Was sind die wichtigsten Erleichterungen?
Buschmann: Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit wird künftig schneller gehen – zugleich aber schwieriger sein. Eine Einbürgerung soll bereits nach fünf statt nach acht Jahren möglich sein. Wenn jemand sehr gute Sprachkenntnisse hat oder sich besonders ehrenamtlich engagiert, soll die Einbürgerung bereits nach drei statt nach fünf Jahren möglich sein. Zugleich war mir wichtig, dass eine Einbürgerung nur dann möglich ist, wenn die Menschen von ihrer eigenen Arbeit leben können. Das heißt: Der Bezug von Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Grundsicherung schließt eine Einbürgerung im Regelfall aus. So sieht es der Entwurf nun vor.
Frage: Wie begründen Sie das?
Buschmann: Voraussetzung für den deutschen Pass ist eine gelungene Integration. Dazu gehört in der Regel, dass man wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen, also sich und seine Familie versorgen kann. Wir schaffen also einen klaren Anreiz, dass man durch eigene Arbeitsleistung eine Einbürgerung erreichen kann. Denn wir wollen Einwanderung in den Arbeitsmarkt und nicht in die sozialen Sicherungssysteme.
Frage: Aus der SPD sind da schon kritische Töne zu hören. Wird es Härtefallregeln geben?
Buschmann: Das eigene Leben wirtschaftlich bestreiten zu können, wird der Normalfall sein, wenn man sich einbürgern lassen will. Es wird nur wenige Ausnahmen geben. Ein Interessent muss mindestens 20 der letzten 24 Monate in Vollzeit berufstätig gewesen sein. Wer fleißig ist und sich anstrengt, soll es leichter haben. Zudem bleibt es bei Gastarbeitern oder DDR-Vertragsarbeitern, die schon sehr lange im Land sind, bei der bisherigen Rechtslage. Damit zollen wir der Lebensleistung dieser Generation Respekt, die unserem Land sehr geholfen hat, ohne aber Fehlanreize für die Zukunft zu setzen.
Frage: Zieht die Koalition denn jetzt bei den Neuregelungen an einem Strang?
Buschmann: Wir haben in der Regierung eine intensive, aber sehr gute Debatte geführt. Jetzt haben wir ein gemeinsames Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Wir haben ja ein Interesse an Zuwanderung in unser Land – wir sind darauf sogar angewiesen. Es muss aber Zuwanderung von Menschen sein, die arbeiten können und wollen. Dafür wird das neue Recht Anreize setzen. Diskussionen um Zuwanderung und den deutschen Pass werden ja oftmals emotional geführt. Wir verklären weder auf der einen Seite Probleme bei der Integration, noch schüren wir auf der anderen Seite Ängste oder Vorurteile. Wir haben ganz nüchtern unsere Interessen festgelegt und kluge Kriterien entwickelt, wann man wie Deutscher werden kann. Das war überfällig und ist ein Meilenstein.
Frage: Was ist ein weiterer Ausschlussgrund neben dem Bezug von Sozialleistungen?
Buschmann: Eine weitere Voraussetzung für eine Einbürgerung ist, dass man die deutsche Sprache spricht und sich in Deutschland gesellschaftlich integriert. Bislang ist es so, dass Einbürgerungsbewerber sich mit einer Erklärung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen müssen. Dieses Bekenntnis wollen wir aufwerten. Denn das Erlangen der Staatsbürgerschaft ist etwas Besonderes. Wir wollen daraus echte Einbürgerungsfeiern machen. Im Gegenzug heißt das aber eben auch: Wer unsere Werte-Grundordnung des Grundgesetzes nicht akzeptiert, kann nicht Deutscher werden. Konkret heißt das etwa, dass eine Einbürgerung ausgeschlossen ist, wenn jemand in einer Mehrehe lebt oder Männer und Frauen nicht als gleichberechtigt anerkennt. Und wir verschärfen auch deutlich die Regelungen dazu, dass antisemitische oder andere menschenverachtende Straftaten ein harter Ausschlussgrund sein werden.
Frage: Wie wollen Sie verhindern, dass Antisemiten eingebürgert werden, wie soll der Nachweis geführt werden?
Buschmann: Wenn sich jemand einbürgern lassen will, wird schon heute abgefragt, ob er straffällig geworden ist. Das schärfen wir nun nach. Die Staatsangehörigkeitsbehörden sollen zukünftig auch bei bestimmten Bagatellverurteilungen verpflichtet sein, sich in Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften das Motiv der Tat anzusehen. Wenn etwa hinter einer Beleidigung ein antisemitisches oder menschenverachtendes Motiv steckt, schließt das die Einbürgerung aus. Antisemiten dürfen keinen deutschen Pass bekommen.
Frage: Welche Effekte erhoffen Sie sich von der erleichterten Einbürgerung für den Arbeitsmarkt?
Buschmann: In vielen Bereichen des Arbeitsmarktes haben wir einen Mangel an qualifizierten Fachkräften. Wir freuen uns daher, wenn qualifizierte Menschen aus der ganzen Welt nach Deutschland kommen wollen, um hier zu leben und zu arbeiten. Dafür haben wir bereits das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vorgelegt. Durch die verkürzten Fristen bei der Einbürgerung wollen wir das Signal senden: Fleißige Leute sind in Deutschland willkommen – nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch als deutsche Staatsbürger.