In seiner Rede zu TOP 1A+13 (Regierungserklärung „Aktionsplan Ostseeschutz 2030“ sowie Bericht zum geplanten Ostseeschutz) erklärt der umweltpolitische Sprecher und Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Zunächst zur guten Nachricht: Es wird in dieser Legislaturperiode keinen Nationalpark Ostsee geben. Hier war die CDU standhaft – das muss man auch mal anerkennen. Die guten Argumente von den Wassersportlern, aus dem Tourismus, der Fischerei, der Landwirtschaft, aus den Resolutionen von zahlreichen Kommunen und nicht zuletzt der FDP haben erst den CDU-Landesparteitag und nun auch die CDU-Regierungsmitglieder überzeugt.
Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen sage ich gleich natürlich noch einiges. Aber ich will nicht in die Details einsteigen, ohne auch den Grünen zu gratulieren: Sie haben jetzt ein Wahlkampfthema für die Landtagswahl 2027. Sie werden dort garantiert für einen Nationalpark Ostsee werben. Ich kann mir ihre Kampagne schon vorstellen.
Ihnen, Minister Goldschmidt, gratuliere ich ganz persönlich zur Auszeichnung, die Sie vorgestern von der Initiative Freie Ostsee erhalten haben. Für sein negatives Framing von Anfang an und die nun verkündeten Einschränkungen hat sich die Initiative Freie Ostsee Schleswig-Holstein vorgestern nämlich entschlossen, Minister Goldschmidt den ‚Goldenen Stacheldraht 2024‘ zu verleihen. Es handelt sich hier um den erstmals vergebenen Preis der Initiative Freie Ostsee für eine einseitige Politik zu Lasten der Wassersportler. Zur Begründung heißt es: ‚Die Einschränkungen für den Wind- und Muskelkraft betriebenen Wassersport sind umfangreich. Heute wurde die Voraussetzung geschaffen, zukünftig mit einfachen rechtlichen Schritten weitere Verbote umzusetzen. Wie das passieren kann, haben wir an der Nordsee gesehen.‘
Nach den Gratulationen nun zum Aktionsplan: Die schlimmsten Befürchtungen sind zwar zunächst nicht eingetreten, dennoch wirkt der Aktionsplan wie ein erster Schritt hin zu einem Nationalpark Ostsee. Die großen Punkte des Aktionsplans sind die neuen großflächigen Schutzgebiete, Fischerei- und Befahrensverbote, der Auf- und Ausbau von Bildungs- und Informationsangeboten und die Einrichtung einer Integrierten Station Ostsee. Man kann also durchaus von einem Nationalpark light sprechen.
Für die Fischerei hat der Aktionsplan große Auswirkungen. Wir sind gespannt, wie die Landesregierung die Einschränkungen kompensieren möchte. Für uns steht fest: Auch die Ostseefischerei muss eine Zukunft haben. Mit dieser Meinung ist die FDP-Fraktion zum Glück nicht allein, sondern hat den Ministerpräsidenten an ihrer Seite. Dieser schrieb am 17. Juni 2022 folgende Zeilen an den Vorsitzenden des Landesfischereiverbandes, Lorenz Marckwardt: ‚[…] Sollte es erforderlich sein, bin ich auch zukünftig gern bereit, mein Gewicht als Ministerpräsident für den Erhalt der Fischerei in Schleswig-Holstein in die Waagschale zu werfen. Das ist mir ganz persönlich eine Herzensangelegenheit, denn die Fischerei gehört zum Kern von Schleswig-Holstein, zu unserer Kultur und Identität – das wollen und müssen wir gemeinsam erhalten.‘ Herr Goldschmidt, ein kleiner Tipp von mir: Wenn es Ihnen um die Erholung der Fischbestände geht, sollte man auch mal über die Kormorane sprechen und da aktiv werden.
Glimpflicher als die Fischerei kommt die Landwirtschaft weg. Hier haben wir es endlich einmal mit einem freiwilligen, kooperativen Programmpunkt zu tun. Natürlich sollte nicht vergessen werden, dass die Maßnahmen der Düngeverordnung bereits schon jetzt einen großen Beitrag zur Reduktion von Nährstoffeinträgen leisten. Die Idee, hier mit einer Zielvereinbarung noch mehr zu erreichen und gleichzeitig die Gewässerschutzberatung auszubauen, ist aber durchaus sinnvoll und wird von uns begrüßt.
Am Ende des verschriftlichten Aktionsplans geht die Landesregierung auf die Themen Munitionsaltlasten und Geisternetze ein. Auch das findet unsere Unterstützung. Es ist richtig, dass sich das Land dort noch mehr engagieren will. Was allerdings ein bisschen peinlich daherkommt, ist die Spendenplattform, die die Landesregierung allen Ernstes als Maßnahme des Aktionsplans aufführt. Ich bin wirklich gespannt, was da zusammenkommt. Wir werden das regelmäßig abfragen.
Ganz wichtig sind das angekündigte, effektive Monitoring der Wirksamkeit des Aktionsplans über sämtliche Maßnahmen und die wissenschaftliche Begleitung. Ein flächendeckendes Monitoring ist notwendig und es ist auch Geduld gefragt. Es dauert beim Meer nun einmal sehr lange, bis sich Verbesserung einstellen und sichtbar werden. Man muss der Natur Zeit geben, um sich zu erholen. Die Ergebnisse des Monitorings müssen in die weiteren Überlegungen einfließen. Wir brauchen sozusagen ein ‚lernendes Managementsystem‘ und keinen Aktionsplan-Aktionismus, der dann plötzlich in kurzer Zeit in einem echten Nationalpark mündet.
Zusammenfassend stelle ich fest: Wir Freie Demokraten haben stets einen sinnvollen und kooperativen Ostseeschutz gefordert. Deshalb können wir mehrere Teile der vorgeschlagenen Maßnahmen auch befürworten und werden die Umsetzung konstruktiv begleiten. Der Aktionsplan darf aber kein Türöffner für einen späteren Nationalpark Ostsee werden. Es gilt weiterhin, wachsam zu sein – und hier ist auch das Parlament gefragt. Die Ausgestaltung der Naturschutzgebiete beispielweise soll nicht im stillen Kämmerlein vom Träger des ‚Goldenen Stacheldrahtes‘ allein bearbeitet werden, sondern wir sollten auch im Umweltausschuss intensiv darüber debattieren.
Ostseeschutz ist notwendig. Über das Wie kann man streiten. Aber: Pauschale Verbote ohne wissenschaftliche Grundlage und neue Bürokratie helfen der Ostsee nicht. Umweltschutz geht nur mit den Menschen und nicht gegen sie. Mehr Ostseeschutz ja, Nationalpark Ostsee nein. Dabei bleiben wir.“