Das FDP-Präsidiumsmitglied und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr Michael Theurer MdB gab „rp-online.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Hagen Strauß:
Frage: Herr Theurer, Sie wechseln zur Bundesbank. Warum?
Theurer: Das ist ein laufendes Verfahren der Bundesregierung, zu dem ich mich nicht äußern kann und werde. Im Moment konzentriere ich mich auf meine Aufgaben als Parlamentarischer Staatssekretär und als Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr.
Frage: Sie treten aber nicht die Flucht an wegen der Dauerbaustelle Bahn und den Debatten über das Deutschlandticket?
Theurer: Ich bin ein leidenschaftlicher Kämpfer für eine leistungsfähige und vor allem grundsanierte Schiene in Deutschland. Das bleibt auch so. Das Deutschlandticket spielt diesbezüglich im Nahverkehr eine zentrale Rolle.
Frage: Das Deutschlandticket gibt es jetzt ein Jahr. Wetten, dass Sie eine positive Bilanz ziehen?
Theurer: Auf jeden Fall. Das Deutschlandticket bietet einen niederschwelligen, einfachen Zugang in den öffentlichen Nahverkehr. Tarifzonen und Verkehrsverbund-Grenzen spielen keine Rolle mehr. Und das Ganze ist auch noch digital. Der Fahrschein ist ein riesengroßer Fortschritt.
Frage: Wie oft wurde er inzwischen verkauft?
Theurer: Zuletzt hatte es über elf Millionen Abos. Es gibt bei den Käufern zahlreiche echte Umsteiger. Jedes zweite Ticket ist ein digitales Handyticket, rund 65 Prozent wurden über eine Website oder per App erworben. Damit hat das Deutschlandticket schon jetzt einen immensen Digitalisierungsschub bewirkt.
Frage: Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Theurer: Die Zukunft liegt im Personenverkehr in der Digitalisierung. In Deutschland müssen wir da raus aus der Nachzügler-Position. Wir konzentrieren uns jetzt außerdem darauf, dass mehr Tickets verkauft werden. Gerade im Bereich des Jobtickets gibt es noch Potenzial.
Frage: Ist das Ticket nicht eigentlich eines für Städter?
Theurer: In den Metropolregionen hat das Ticket einen großen Nutzen, aber auch in den Stadt-Umland-Beziehungen. Vor allem da, wo Pendler zwei oder drei Verkehrsverbünde durchfahren müssen. Die Vereinfachung ist massiv, die Vergünstigung auch.
Frage: Die Länder sagen, das Ticket lasse sich ohne mehr Geld nicht dauerhaft finanzieren. Warum ziert sich der Bund so?
Theurer: Die Diskussion ist kontraproduktiv und verunsichert nur die Menschen. Wir sollten vielmehr auf dem Erfolg des Deutschlandtickets aufbauen. Ich würde mir hier noch mehr Kreativität und Entschlossenheit von den Ländern wünschen. Ich rate dazu, die Systeme des öffentlichen Verkehrs effizienter zu gestalten, etwa durch eine konsequente Digitalisierung und eine Verschlankung der Vertriebsstrukturen mit weniger Verkehrsverbünden, dafür aber funktionierenden Verkaufsplattformen über die Verbünde hinweg.
Frage: Das heißt aber auch, dass eine Preiserhöhung von 49 auf zum Beispiel 69 Euro kommen wird?
Theurer: Das ist eine Frage, mit der sich vor allem die Länder beschäftigen müssen, die sich aber aktuell nicht stellt. Die permanente Diskussion über den Preis und die Finanzierung halte ich für absolut kontraproduktiv.
Frage: Warum? Die Nutzer wollen wissen, was auf sie zukommt.
Theurer: Deswegen sollten die Länder sie nicht mit diesen Debatten verunsichern. Das muss aufhören. Und nur der Transparenz halber: Nach dem Grundgesetz sind die Bundesländer für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig, der Bund unterstützt mit den Regionalisierungsmitteln. Die haben wir massiv erhöht von 9,6 auf 11,2 Milliarden Euro mit einer starken Dynamisierung von 1,8 auf drei Prozent.
Frage: Aber wahr ist doch auch, dass das Deutschlandticket die Unterfinanzierung des ÖPNV verschärft. Kein Cent mehr fließt in die Kassen.
Theurer: Das Deutschlandticket trägt dazu bei, dass bestehende Angebote besser ausgelastet werden. Es ist ein maßgeblicher Beitrag, mehr Menschen in den ÖPNV zurückzuholen oder dafür zu gewinnen, ohne dass erheblich zusätzliche Infrastrukturkosten entstehen. Die Aufgabe ist daher, gerade in Zeiten knapper Kassen, mit den vorhandenen Mitteln wirksamer zu agieren. Auch der Bund hat nur begrenzte Mittel zur Verfügung und unter anderem aufgrund der geopolitischen Lage zusätzliche Aufgaben bei der Sicherheit und der Verteidigung zu bewältigen. Forderungen von Ländern und Kommunen, die sich allein darauf beschränken, mehr Geld zu wollen, sind daher nicht zielführend.
Frage: Wann kommt denn nun der versprochene Modernisierungspakt für den ÖPNV?
Theurer: Die Gespräche laufen. Wir müssen da gemeinsam einen jahrelang verschobenen Modernisierungsschub im ÖPNV organisieren. Diese Aufgabe ist alles andere als trivial, aber ich bin zuversichtlich, dass wir nach der erfolgreichen Reform der Tarifstrukturen anders als unsere Vorgänger auch hier etwas bewirken können.