In seiner Rede zu TOP 28+42 (u.a. Mobilitätswende nicht ausbremsen) erklärt der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Bernd Buchholz:
„Ich habe mich in der letzten Legislaturperiode vehement dafür eingesetzt, dass wir mehr Regionalisierungsmittel aus Berlin bekommen. Wir haben uns wirklich vehement dafür eingesetzt und, meine Damen und Herren, es ist ja auch passiert.
Wir haben 2022 in Schleswig-Holstein genau 370 Millionen Euro vom Bund bekommen. Im Jahr darauf haben wir vom Bund 572,3 Millionen Euro bekommen. Das waren 200 Millionen Euro für den Schienenverkehr mehr oder 54,3 Prozent. Hat einer von Ihnen geglaubt, dass der Bund anschließend sagt: Das machen wir jedes Jahr so weiter?
Diese Steigerung in den Regionalisierungsmitteln für die Länder war nicht nur angekündigt, sondern sie ist auch realisiert worden. Und ich habe versucht, die Landesanteile daran so gering wie möglich zu halten, weil wir aus den Regionalisierungsmitteln 200, 300 Millionen Euro liegen hatten, mit denen wir Kofinanzierung von allem Möglichen machen konnten, zum Beispiel Infrastruktur aber auch am Anfang sogar für den Corona-Ausgleich. Da haben wir die Regionalisierungsmittel genommen und der Bund hat das irgendwann mal festgestellt und gesagt: ,So geht das nicht mehr. Wenn ihr von uns Geld bekommt, um zum Beispiel Tickets zu finanzieren, und dann unser Geld aus Regionalisierung um es kozufinanzieren, dann zahlen wir das Ding komplett, also müsst ihr den Länderanteil hochfahren.‘
Das Land war gezwungen, den Landesanteil hochzufahren. Das ist nicht freiwillig passiert.
Sie müssen den Landesweiten Nahverkehrsplan (LNVP) neu priorisieren. Sie können nicht diese Springprozession weiter machen – greif hier mal hin, greif da mal hin, wir kürzen hier mal und machen da was – sondern Sie müssen sich alles ansehen und angucken: Was ist wirklich wichtig? Wo müssen wir dabeibleiben und wo müssen wir kürzen?
Und dann sage ich Ihnen was: Sie können heute aus meiner Sicht nicht auf den verkehrsstärksten Strecken für 800.000 Euro im Jahr Verkehre abbestellen, obwohl dort eine Masse von Menschen unterwegs ist, und gleichzeitig dasselbe Geld in Vorplanungen für den Ausbau einer Strecke Bergedorf-Gesthacht ausgeben, die Sie nie realisieren werden in den nächsten Jahren, weil Sie sich die Verkehre gar nicht leisten können und da allerhöchstens 4.500 Leute jeden Tag bewegt werden können. Das ist grotesk, meine Damen und Herren. Das ist grotesk. Das ist die falsche Prioritätensetzung.
Ich gehe erst in die Verkehre und in die betrieblichen Leistungen rein, wenn ich weiß, dass ich die Prioritäten an der anderen Seite immer noch richtig gesetzt habe. Und das sind sie nicht. Es gibt Dinge im Landesweiten Nahverkehrsplan, die werden wir nicht realisieren können, weil dafür die Kohle langfristig definitiv nicht ausreichen wird.
Ich bin gerne dabei, auch mit dafür zu kämpfen, dass der Bund noch immer weiter ein Stückchen mehr Regionalisierungsmittel obendrauf gibt. Aber wir müssen jetzt auch ehrlich bleiben und nicht immer nur sagen, der Bund würde gar nichts tun. Der Bund hat Erhebliches getan an dieser Stelle.
Deshalb bitte ich einfach mal darum: Was ist denn jetzt wirklich zu tun? Und da gilt eins und da bitte ich darum, da bitte ich insbesondere den Minister darum, sorgen Sie dafür, dass kein Misstrauen in den Maßnahmen, die Sie umsetzen oder nicht umsetzen, entsteht, sondern sorgen Sie für allgemeine Transparenz in dem, was Sie tun.
Dieses Parlament hier hat einen LNVP zur Kenntnis genommen und darin die entsprechenden Prioritäten quasi abgenickt. Wenn diese Prioritäten verändert werden sollen, erwarte ich, dass Sie diesem Parlament berichtet werden. Und nicht einfach, dass man da ran geht und sagt, beim S-Bahn-Vertrag mit Hamburg, da war es am schönsten, da haben wir mal eben drei Prozent gestrichen. Das ist dann so und die restlichen Sachen machen wir übrigens weiter. Übrigens den Marketingetat der NAH.SH, den haben wir von einem Jahr auf den anderen explodieren lassen in einer Größenordnung von 3,8 Millionen auf nächstes Jahr 4,9 Millionen Euro, 1,2 Millionen Euro mehr.
Mein alter Marketingprofessor hat mir immer gesagt: Wenn das Produkt nicht die richtige Qualität hat, solltest du das mit der Werbung nicht übertreiben.
Ich habe beim Thema Regionalisierungsmittel oft mit Berlin gestritten, auch mit dem Bundesverkehrsminister, über die Frage, ob nicht noch mehr geht. Wir haben eine Fülle von Infrastrukturaufgaben, die wir eben kofinanzieren wollen mit den Regionalisierungsmitteln. Da wird mir aus Berlin ganz klar gesagt: ,Freunde, habt ihr sie noch alle? Dafür sind ja die Regionalisierungsmittel gar nicht da.‘ Dafür sind die Programme des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes da, bei denen wir für euch dieses Geld zur Verfügung stellen und eine anteilige Mitfinanzierung des Landes erwarten. Wenn ihr über das GVFG Geld nehmt und parallel dazu den anderen Anteil aus Regionalisierungsmitteln, heißt das, dass wir die Maßnahmen der Infrastruktur bei euch zu 100 Prozent finanzieren. Das steht nicht im Grundgesetz. Im Grundgesetz steht die Verpflichtung des Bundes mitzufinanzieren. In der Tat, genau das muss man von Berlin erwarten dürfen, und das erwarten wir auch von denen.
Wir unterstützen den Antrag der SPD und gemeinsam machen wir es deshalb, weil wir glauben, dass hier mit den Abbestellungen von Verkehren die falschen Prioritäten gesetzt werden.
Ich habe nicht gesagt, dass wir in den nächsten Jahren nicht möglicherweise tatsächlich mal irgendwo zu Abbestellungen kommen müssen. Aber dann müssen wir in einem transparenten Prozess wechselseitig aufzeigen, wo sind denn wirklich die wichtigen Themen. Und die wichtigen Themen sind bestimmt nicht auf der Achse nach Elmshorn, wo wir die meisten Menschen bewegen, dass wir da tatsächlich auch noch irgendwo an die S-Bahn-Takte gehen. Das tut mir leid. Das verstehe ich einfach nicht.
Wir geben zurzeit an der Schlei mit einem tollen Pilotprojekt mit SMILE24 wahnsinnig viele Millionen aus. Das ist auch toll. Wir wissen aber alle, dass wir das nicht fortsetzen werden können. Wir werden es nicht fortsetzen können. Es ist nicht finanzierbar. Machen wir doch gerade mit dem, was wir derzeit tun, nicht die Menschen auf etwas lecker, was langfristig gar nicht zu bezahlen ist.
Und das ist mein Appell an Sie: Gucken Sie sich nach den drei, vier Jahren, ist es leider notwendig, den LNVP endlich intensiv an. Priorisieren Sie neu. Machen Sie einen klaren Vorschlag, was eben wirklich nicht gemacht werden kann. Und dann scheuen Sie sich nicht, auch den Leuten zu sagen: Nein, das machen wir nicht.“