Katja Hessel

Bayern: Hessel-Interview – Staat muss mit dem Steuergeld der Bürger auskommen

Die bayerische FDP-Vorsitzende und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen Katja Hessel MdB gab der „Nürnberger Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stephan Sohr.

Nürnberger Zeitung: Frau Hessel, was war zwischen dem Kanzler, dem Finanzminister und dem Wirtschaftsminister am meisten umstritten? 

Katja HesselAm meisten umstritten war die Gewichtung der einzelnen Maßnahmen, was die Einhaltung der Finanzpläne angeht. Da war einiges an Moderationsbedarf im Hintergrund erforderlich. Auch wenn man sich in den Zielen einig war, gab es bei den Prioritäten doch größere Unterschiede.

Ein konkretes Beispiel? 

Wir hätten uns, was die die steuerliche Erleichterung von Unternehmen angeht, durchaus mehr vorstellen können. Und ein ganz prominentes Beispiel ist, dass wir zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit gerne den Solidaritätszuschlag komplett abgeschafft hätten…

…den aber nur noch Gutverdiener und Unternehmen zahlen müssen, was SPD und Grüne weiterhin wollten… 

Genau.

Und was war schnell einigungsfähig? 

Schnell einigungsfähig war, dass es ein Dynamisierungspaket für die Wirtschaft braucht und dass wir Bürokratie abbauen müssen, wo es nur geht.

Die Schuldenbremse im Grundgesetz wird, wenn auch mit Tricks, eingehalten, die Investitionen steigen auf Rekordniveau, Steuerentlastungen für die breite Mitte der Einkommensbezieher gibt es auch – können Sie als FDP-Politikerin damit zufrieden sein? 

Fakt ist: Wir bewegen uns im Rahmen der Schuldenbremse. Dass wir zudem die kalte Progression ausgleichen – dass also inflationsbedingte Lohnsteigerungen nicht gleich mit einem höheren Steuerabzug einhergehen – damit bin ich sehr zufrieden. Es war dringend notwendig, dass der Staat sich nicht mit heimlichen Steuererhöhungen bereichert. Das haben auch die Koalitionspartner so gesehen. Ein wichtiger Schritt.

Der Bundesverteidigungsminister bekommt weniger Geld, als er wollte – das hat Boris Pistorius auch öffentlich kritisiert. Wie geht das mit der „Zeitenwende“ zusammen, die der Kanzler ausgerufen hat? 

Wir haben ja noch das Sondervermögen für die Bundeswehr und halten das Zwei-Prozent-Ziel der Nato ein. Die Ertüchtigung der Bundeswehr ist eine Daueraufgabe, der wir uns mit großer Sorge und Notwendigkeit stellen müssen. Das hat aber auch Auswirkungen auf die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern. Wir müssen ein Stück weit mehr darauf achten, dass die Länder ihre eigentlichen Aufgaben ohne Finanzhilfe vom Bund erledigen.

Was ist mit der sogenannten globalen Minderausgabe von 17 Milliarden Euro? Ist die Wette, dass die Ministerien nicht alles ausgeben, was sie bekommen, nicht sehr riskant? 

Es geht eigentlich um acht Milliarden Euro, die Kapitalausstattung für die Bahn und die Bundesautobahnen. Acht, neun Milliarden sind aus der Erfahrung her das, was wir jedes Jahr an Minderausgaben haben. Das ist also nichts Neues. Wenn Sie das als Wette bezeichnen, dann gehe ich davon aus, dass sie aufgeht.

Bei den immerhin acht Milliarden Euro geht es aber darum, wie man sie der Bahn und den Bundesautobahnen zukommen lässt, über Zuschüsse oder über Kredite. Es heißt, dass noch nicht geklärt ist, was verfassungsmäßig möglich ist. Hat die Koalition aus den Fehlern der Vergangenheit, als das Bundesverfassungsgericht einschritt und Milliardenverschiebungen vom Corona- in den Klima- und Transformationsfonds verbot, nichts gelernt? 

Doch, wir haben natürlich gelernt. Wir werden jetzt noch genau prüfen, welche Bedenken es gibt. Es ist uns sehr wichtig, dass wir nichts machen, was den Eindruck erwecken könnte, es wäre verfassungswidrig. Dann werden wir sehen, ob es eine andere Lösung braucht oder eben nicht.

Jetzt gehen die Bundestagsfraktionen an den vom Kabinett verabschiedeten Haushaltsentwurf. Rechnen Sie mit großen Änderungen? 

Wir haben ja die Kommentare zum Haushaltsentwurf gelesen – und deshalb glaube ich schon, dass die Fraktionen den Entwurf sehr ausführlich und grundsätzlich diskutieren werden. Man konnte ja vernehmen, dass der eine oder andere der Meinung ist, es müsste noch Verschiebungen geben – Sie haben das Beispiel Bundeswehr ja erwähnt. Es ist das Hoheitsrecht des Parlaments, über den Haushalt zu entscheiden. Für meine Fraktion wird aber auch weiterhin die Grundlage sein, dass der Staat mit dem Steuergeld der Bürger auskommen muss und es höchstens im Haushaltsentwurf Verschiebungen geben kann.

Wird die Koalition an diesem Haushalt doch noch scheitern? 

Ich würde nicht darauf wetten, dass die Koalition noch scheitert.

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