Schleswig-Holstein – Vogt & Buchholz zu TOP 2 u.a. „Haushaltsberatungen 2023“

In seiner Rede zu TOP 2 u.a. („Haushaltsberatungen 2023“) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

Vogt
Christopher Vogt
Freie Demokraten FDP
Beisitzer im Bundesvorstand
Vorsitzender der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag

„Wir leben in sehr bewegten Zeiten: Pandemie, Krieg, Energiekrise, Inflation, Klimawandel, Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und den eigenen Wohlstand sowie verschiedene strukturelle Probleme wie z.B. bei der Bildung oder beim Fachkräftemangel. Auch wenn man gelegentlich den Eindruck haben kann, wir leben in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Regionen immer noch auf einer Art ‚Insel der Glückseligen‘, muss ein Landeshaushalt gerade in diesen schweren Zeiten den Sorgen der Menschen erkennbar begegnen und die Weichen für die Zukunft richtig stellen. Leider wird der erste schwarz-grüne Landeshaushalt dieser Herausforderung nicht in ausreichendem Maße gerecht.

Ich fange aber zunächst mit dem Positiven an: Eine Reihe von Jamaika-Projekten soll fortgesetzt werden. Die Unterrichtsversorgung und der Rechtsstaat sollen weiter gestärkt werden. Das ist auch dringend erforderlich, wenn man die Probleme in diesen Bereichen sieht. Wir halten es deshalb für richtig, weitere Stellen für Lehrkräfte, Polizei- und Justizbeamte bereitzustellen. Diese Stellen müssen dann aber auch adäquat besetzt werden. Da gibt es vor allem bei den Lehrkräften noch sehr viel Luft nach oben: Bei den angehenden Lehrkräften gibt es ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Fächern, die derzeit studiert und den Fächern, in denen Lehrkräfte gebraucht werden. Der MINT-Bereich und die künstlerischen Fächer drohen weiter auszubluten, während andere Fächer wie z.B. Geschichte völlig überlaufen sind. Und es wollen leider auch zu wenige ausgebildete Lehrkräfte in den Westen und in den Süden des Landes gehen, weil sie eben in Kiel oder Flensburg leben. Da muss die Bildungsministerin jetzt auch mit mutigen Maßnahmen endlich liefern. Was da bisher kam, ist völlig unzureichend.

Im Bereich der Polizei ist es absolut richtig, den Kampf gegen Kindesmissbrauch zu verstärken. Bei der vermeintlichen Cyberhundertschaft laufen Ihnen aber bisher die Leute weg und gehen unter anderem zu Dataport. Das Land ist da im Wettbewerb um Fachkräfte schlecht aufgestellt und macht sich sogar quasi selbst Konkurrenz: Dafür muss die Innenministerin sehr schnell überzeugende Lösungen finden. Dass Sie die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage jetzt doch wieder einführen, ist ein gutes Zeichen, nachdem Sie dies im letzten Jahr zu unserer großen Überraschung ja noch abgelehnt hatten. Die Finanzministerin konterkariert diese Maßnahme allerdings gleichzeitig, wenn sie dabei bleibt, dass plötzlich alle Beamten jeweils selbst um ihr Weihnachtsgeld kämpfen müssen, wenn die entsprechenden Klagen Erfolg haben sollten. Natürlich sind die ausstehenden Urteile zum Weihnachtsgeld ein Risiko für den Landeshaushalt, aber dieser Umgang mit den Landesbeamten ist keine gute Werbung für das Land als Arbeitgeber – ganz im Gegenteil!

Diese Landesregierung ist erstaunlich schwach in die Wahlperiode gestartet und dass es nicht viel besser geworden ist, merkt man diesem Haushalt an: Die Ergebnisse des ‚Energiegipfels‘ waren wirklich ein schlechter Witz. Es wäre spätestens jetzt die Aufgabe des Landes, die Entlastungspakete des Bundes doch noch sinnvoll zu ergänzen.

Vor allem die jungen Familien leiden besonders stark unter der Inflation wie das Familienbarometer, das die grüne Bundesfamilienministerin gerade vorgestellt hat, noch einmal sehr deutlich macht: 93 Prozent der Familien haben große Sorgen angesichts der Inflation. Die grüne Landesfamilienministerin lässt die jungen Familien aber leider im Regen stehen. CDU und Grüne hatten doch auch versprochen, die von uns gemeinsam gedeckelten Kita-Beiträge weiter abzusenken. Aber ausgerechnet in einem Jahr der hohen Inflation bricht die Koalition dieses Versprechen. Dafür fehlt (nicht nur) uns jedes Verständnis. Das ist eine krasse Fehlentscheidung! Heute haben Sie die Chance, diese zu korrigieren! Nutzen Sie diese!

Die Investitionsquote soll zwar offiziell bei über zehn Prozent gehalten werden, was uns ja immer wichtig war und weiterhin ist, aber die Bedarfe z.B. beim Hochschulbau, der energetischen Sanierung, bei den Krankenhäusern oder auch bei den Landesstraßen sind ja erkennbar sehr viel höher und das Geld muss auch tatsächlich abfließen.

Der Haushaltsüberschuss des letzten Jahres resultierte ja auch aus der Tatsache, dass viele Investitionsvorhaben gar nicht umgesetzt werden konnten. Dies muss sich dringend ändern. Und 90 Millionen Euro für die Landesstraßen sind im Jahr 2023 auch bei weitem nicht mehr so viel wert noch wie im Jahr 2018. Da wird die Koalition deutlich mehr machen müssen, wenn sie wirklich vorankommen will, auch weil die Schäden an den Landesstraßen offenbar noch größer sind als bisher angenommen.

Die bisher eingeplanten Investitionsmittel für die Krankenhäuser – wir diskutieren darüber hier seit Monaten sehr engagiert – sind nach wie vor völlig unzureichend. Und das ist nicht nur mit Blick auf die demographische Entwicklung, den Klimaschutz und den Fachkräftemangel ein großes Problem. Es geht um nicht weniger als die Sicherung einer angemessenen Gesundheitsversorgung. Wir machen Ihnen hier den konkreten Vorschlag, hierfür weitere 174 Mio. Euro bereitzustellen. Lehnen Sie dies nicht wieder ab, sondern geben Sie sich auch hier einen Ruck – zum Wohle unserer Gesundheitsversorgung. Das sollte doch auch eine Lehre aus der Pandemie sein.

Die Haushaltsführung der Finanzministerin wird zunehmend unübersichtlich. Von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit ist leider immer weniger zu spüren. Man blickt nur noch sehr schwer durch. Die Aufstockung des Ukraine-Notkredits um 1 Milliarde Euro hatten wir Ende des letzten Jahres abgelehnt, weil sie nicht zwingend notwendig war, wie auch der hohe Haushaltsüberschuss nur wenige Wochen später gezeigt hat.

Der erste schwarz-grüne Haushalt bleibt ein ‚Haushalt der verpassten Chancen‘.

CDU und Grüne müssten den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit des Landes viel mehr stärken. Bei den Kita-Gebühren und bei den Krankenhausinvestitionen sind Sie da aber leider völlig falsch abgebogen.

Über den Klimabeirat habe ich schon gesprochen. Sie sollten aus meiner Sicht beim Einzelplan 01 zurückkehren zu der Tradition der gemeinsamen, rechtzeitigen Beratung und Einigung. Sie sollten unsere Ablehnung an dieser Stelle sehr ernst nehmen.

Maßnahmen wie die geplante Umbenennung des LBV, der jetzt nicht mehr darauf hinweisen dürfen soll, dass dieser Straßenbau betreibt, ist eine völlig irre Maßnahme. Darüber werden wir im Verlauf der Woche noch intensiv diskutieren. Nehmen Sie zurück, was Sie da im Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben.

Bei jeder Gelegenheit wird nach dem Bund gerufen, aber mitsprechen soll der Bund dann natürlich nicht. Das haben wir auch beim Bundesbildungsgipfel gesehen, den die Bildungsministerin mit ihrem Team auch geschwänzt hat. Kleinkariert wurde gesagt, das wollen wir so nicht, die Bundesbildungsministerin solle lieber zur Kultusministerkonferenz kommen. Denn jeder weiß, dass die Kultusministerkonferenz die große Treiberin von Innovationen und Reformen beim Thema Bildungsföderalismus ist. Hören Sie auf ständig neue Konzepte auf den Weg zu bringen, um Zeit zu gewinnen. Fangen Sie mal an, selbst Bildungspolitik zu betreiben oder beteiligen Sie sich konstruktiv an der Reform des Bildungsföderalismus, die 80 Prozent der Menschen fordern.

Was wir besonders kritisch sehen, ist die Aufblähung des Regierungsapparates. Es hat mehrere Millionen gekostet, zum Beispiel ein neues Ministerium zu schaffen, das völlig unsinnig ist. Herr Minister Schwarz, Sie haben jetzt immerhin Büroräume und teilweise sitzen dort sogar schon Mitarbeiter. Der grüne Umweltminister fährt Ihnen bei fast jeder Gelegenheit, wie der Flächennutzung oder beim Nationalpark Ostsee, in die Parade. Das ist ein völlig unnötiges Ministerium, dass wir bei jeder Gelegenheit sofort wieder abschaffen würden. Das ist schlicht Geldverschwendung.

Der Ministerpräsident hält sich öffentlich aus allem Unangenehmen am liebsten heraus. Seit der Regierungsbildung scheint er das Interesse an Politik ein Stück weit verloren zu haben. Man hat es sich sehr gemütlich gemacht, aber das reicht eben nicht aus, um unser Land in eine gute Zukunft zu führen. Diese Koalition hält inhaltlich nur sehr wenig zusammen. Heute wurde auch deutlich, dass man bei der finanzpolitischen Ausrichtung mittlerweile fundamental unterschiedliche Auffassungen hat. Es ist unklar, wohin diese große Koalition unser Bundesland führen will. Wir hoffen sehr, dass die nächsten vier Jahren keine verlorenen für Schleswig-Holstein werden. Das kann sich unser Bundesland nicht leisten.“

 

 

 

In seiner Rede zu TOP 2 u.a. („Haushaltsberatungen 2023“) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:

Bernd Buchholz
Bernd Buchholz

„Wenn man wohlwollend ist, würde man den Einzelplan 06 als Haushalt der Kontinuität bezeichnen. Wenn man nicht so wohlwollend ist, dann ist er ein Haushalt der unambitionierten Einfallslosigkeit. Dabei wären zusätzlich Impulse nötig:

1. Für eine deutliche Stärkung der Innovationskraft der schleswig-holsteinischen Wirtschaft. Aber selbst für die fertigen Konzepte zur Schaffung einer Innovationsagentur in der Metropolregion plant die Landesregierung nichts ein.

2. Schwarz-Grün redet zwar ständig von der notwendigen Verkehrswende. Aber ausgegeben wird nur Geld, zu dem der Bund das Land verpflichtet. Die Differenz der Einnahmen zu den Ausgaben der Maßnahmengruppe Verkehrswesen beträgt exakt 52,4 Millionen Euro, also den Landesanteil, den Schleswig-Holstein zur Mitfinanzierung des Deutschlandtickets erbringen muss – nicht einen Cent mehr. Alles andere muss der Bund finanzieren, sonst findet es nicht statt. Verkehrswende ja, aber nur wenn andere zahlen.

3. Die Fortschreibung der Landesstraßenstrategie ist so eine Farce, weil mit den eingesetzten Mitteln das Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

4. Dass wir den Fachkräftemangel mit einem Welcome-Center allein beheben – der einzig neue Vorschlag der Koalition und der auch noch ohne Konzept – glaubt nun wirklich niemand.“

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