DJIR-SARAI/BIRKNER-Statement: In der Energiekrise ist für Salamitaktik keine Zeit!

Im Anschluss an eine Sonderschalte des Präsidiums der Freien Demokraten gaben FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai und FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Stefan Birkner die folgenden Statements ab:

Bijan Djir-Sarai

Djir-Sarai: Meine Damen und Herren, wir hatten heute eine außerplanmäßige Schalte des FDP-Präsidiums. Wir haben über die Themen Energieversorgung und Energiesicherheit in Deutschland und Europa gesprochen. Die Lecks an den Gaspipelines Nordstream 1 und Nordstream 2 sind aus unserer Sicht außerordentlich beunruhigend und es gibt zahlreiche Hinweise auf eine Sabotage. Wir sind eine Regierungspartei. Wir werden uns hier nicht an Spekulationen beteiligen. Aber für uns sind zwei Punkte gerade auch vor diesem Hintergrund außerordentlich wichtig.

Punkt 1: Wir müssen in Europa alles dafür tun, um die Energieinfrastruktur wirksamer und besser zu schützen, ob in der Nordsee, der Ostsee oder im Mittelmeerraum. Insgesamt brauchen wir eine wirksamere und bessere europäische Konzeption, um die Infrastruktur, vor allem die Energieinfrastruktur in Europa, vor Sabotageakten und Angriffen besser zu schützen.

Punkt 2: Wir brauchen mehr Energiekapazität in Europa. Das heißt, die Energiekapazität sowohl in Deutschland als auch in Europa muss ausgeweitet werden. Alles, was Energie, alles, was Strom produzieren kann, muss ans Netz. Nicht nur wegen der Frage der Kapazität, sondern auch wegen der Preisbildung. Und vor diesem Hintergrund spielt natürlich das Thema Laufzeitverlängerung eine große Rolle, sowohl was die Kohlekraftwerke anbetrifft, als auch beim Thema Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke. Der Kollege Stefan Birkner ist heute bei uns, und da wir ja im Präsidium über diese Themen gesprochen haben, würde ich ihn darum bitten, etwas dazu zu sagen.

Stefan Birkner Fraktionsvorsitzender
Stefan Birkner
Fraktionsvorsitzender

Birkner: Meine Damen und Herren, ich denke, die Ereignisse der letzten Tage machen deutlich, dass sich die Dimension dieser Krise offensichtlich noch weiter steigern lässt und wir alles tun müssen, um endlich vor die Lage zu kommen. Wir sehen in der Debatte in den letzten Wochen und Monaten, dass eigentlich immer versucht wurde, die Dinge kleinzureden. Am Anfang hieß es: Es gibt gar kein Strom-Problem. Dann hieß es bezüglich der drei Kernkraftwerke: Das geht alles gar nicht. Sie erinnern sich hier an die Stellungnahme vom BMUV und vom BMWK. Dann hieß es: Naja, vielleicht diese Notfallreserve, die keiner so richtig am Ende verstanden hat. Und schließlich sind wir jetzt bei dem Weiterbetrieb der beiden süddeutschen Atomkraftwerke angekommen. Zumindest ist das in Aussicht gestellt worden. Das zeigt nach unserer Ansicht, dass man hier offensichtlich eine Art Salamitaktik fährt. Und dafür ist keine Zeit mehr.

Diese Dimension der Krise macht deutlich, dass wir alles tun müssen, um jede Erzeugungskapazität am Netz zu halten und zusätzliche Strommengen tatsächlich zu gewährleisten. Und deshalb sind wir der Auffassung, und ich sage das auch gezielt aus einer niedersächsischen Perspektive, dass es ein Ende haben muss, dass die grüne Parteibasis und die grüne Landespolitik in Niedersachsen die Energiepolitik eines ganzen Landes bestimmt. Das muss ein Ende haben. Wir müssen alles tun, um dieser Energiekrise wirksam etwas entgegenzusetzen. Und deshalb ist es notwendig, dass auch das Kernkraftwerk Emsland in Lingen weiter betrieben wird über den 31.12. hinaus. Es wäre nach unserer Einschätzung völlig unverantwortlich, nicht alle Voraussetzungen zu schaffen, um den Weiterbetrieb zu ermöglichen. Dazu gehört auch, dass – was wir seit Monaten schon anmahnen, weil eben kein Mensch weiß, wie sich diese Krise weiterentwickelt – für die drei Kernkraftwerke zusätzliche Brennstäbe bestellt werden. Denn diese zusätzlichen Brennstäbe würden echte zusätzliche Strommengen bedeuten. Hier würde vermutlich sogar schon allein die Ankündigung zu einem preismindernden Effekt führen und dann natürlich auch die Versorgungssicherheit entsprechend gewährleisten.

Darüber hinaus müssen wir – und das sollten wir jetzt auch sehr ernsthaft und gezielt angehen – anstreben, dass die drei bereits abgeschalteten Anlagen, also die, die zu Beginn dieses Jahres abgeschaltet worden sind – für Niedersachsen ist das etwa das Kernkraftwerk Grohnde – dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie so schnell wie möglich, wenn es denn nötig ist, tatsächlich ans Netz gehen können. Noch einmal: Wir wissen nicht, wie die Krise sich weiterentwickelt. Und wir dürfen nicht als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, als zentraler Staat innerhalb der Europäischen Union, leichtfertig darauf setzen, dass die Krise einfach vorbeigeht. Deshalb sollten wir jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, die drei bereits abgeschalteten Kernkraftwerke auch wieder ans Netz nehmen zu können für den Fall, dass es tatsächlich nötig ist.

Meine Damen und Herren, wir wollen Robert Habeck in seiner Tätigkeit unterstützen. Wir haben gesehen, dass jetzt an vielen Stellen Fehler passiert sind. Die sind auch eingeräumt worden. Das erkennen wir auch an. Wir wollen aber auch dahingehend unterstützen, dass eben jetzt nicht noch weitere Fehler passieren. Zu diesen Fehlern würde gehören, jetzt noch länger daran festzuhalten, das Kernkraftwerk Emsland nicht weiterlaufen zu lassen, aber eben auch, wie gesagt, in Bezug auf die drei bereits abgeschalteten Anlagen nicht tätig zu werden. Denn wir wären sonst auch künftig sehr, sehr stark abhängig von der französischen Kernenergie. Und diese Abhängigkeiten sollten wir reduzieren. Und wir sollten auch mit Blick auf die europäische Solidarität alles tun, um tatsächlich unseren Beitrag zur Bewältigung dieser europäischen Energiekrise leisten zu können. Sie kennen die Reaktionen auch europäischer Grüner, die mit völligem Unverständnis auf die Haltung hier in Deutschland – und ich sage noch einmal: die wahrscheinlich maßgeblich in Niedersachsen begründet liegt – blicken. Das sind unsere kurzfristigen, notwendigen Antworten.

Bijan Djir-Sarai hat eben schon auf die Kohle hingewiesen. Mittel- und langfristig bleibt es natürlich dabei, dass wir auch die Transformation in die klimaneutrale Energiewirtschaft anstreben. Dazu gehört der Ausbau der erneuerbaren Energien, dazu gehört eine Wasserstoff-Wirtschaft. Das muss alles vorangebracht werden, nur wir müssen den Weg dahin überhaupt schaffen können. Und dazu müssen wir jetzt dieser Krise, die eine neue Dimension hat, etwas entgegensetzen.

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