Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Lukas Köhler gab der „Mediengruppe Bayern“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Thomas Vitzthum:
Frage: Wird aus der Fortschrittskoalition die Verbotskoalition?
Köhler: Wenn ein solcher Eindruck entsteht, wäre das fatal. Ich denke, dass er auch falsch ist. Wir als Liberale versuchen in der gemeinsamen Koalition möglichst viele Verbote zu verhindern.
Frage: Aber wo sind denn ihre Erfolge? Zudem wurde nun bekannt, dass Verkehrsminister Wissing einem Aus für den Verbrenner ja schon zugestimmt hatte.
Köhler: Wir haben in Deutschland dafür gesorgt, dass künftig auch 100 Prozent E-Fuels getankt werden dürfen. Wir haben letzte Woche beschlossen, dass wir das bestehende Verbot aufheben. Für uns ist und bleibt aber auch europäisch die Kombination aus E-Autos und Verbrenner mit klimaneutralen E-Fuels relevant. Auch nach 2035. Das war die Voraussetzung, unter der die FDP damals zugestimmt hat. Und da lassen wir nicht locker. Die EU-Kommission muss jetzt liefern.
Frage: Sie liefert aber nicht.
Köhler: Dann muss sie die Konsequenzen tragen. Mit den Freien Demokraten in der Regierung wird Deutschland dem Verbrenner-Aus ohne Ausnahme für E-Fuels nicht zustimmen. Wir wollen keine Technologie verbieten. Wir wollen über den CO2-Preis und den Emissionshandel dafür sorgen, dass die Klimaziele eingehalten werden. Mit welcher Technologie sie den CO2-Ausstoß vermeiden, können die Menschen sehr gut selbst und ohne politische Bevormundung entscheiden.
Frage: Sieht es ohne E-Fuels in Europa bald so aus wie in Havanna? Einige schicke teure E-Autos und dazwischen steinalte Verbrenner?
Köhler: Wer nicht für E-Fuels ist, ist gegen klimaneutralen Verkehr, gegen die Klimaziele. Um das mal auf den Punkt zu bringen. Um eine Auto-Flotte auszutauschen, vergehen 15 bis 20 Jahre. Wenn ab 2035 keine Verbrenner mehr verkauft werden, dann fahren noch 20 Jahre lang Verbrenner herum, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden müssen. Die Produktion von E-Fuels lohnt sich ja nur langfristig, wenn es dafür auch nach zehn Jahren noch Abnehmer gibt. Wer also die Klimaziele 2045 einhalten will, der muss auch auf E-Fuels setzen.
Frage: Die Verbotsbefürworter sagen, dass die Autobauer auf E –Autos setzen. Werden sie nicht künftig weiter Verbrenner in den USA, Asien, Südamerika verkaufen?
Köhler: Davon gehe ich aus. Die Autobauer planen Fabriken für Verbrenner außerhalb Europas bereits. Das müssen wir sehen, dass uns hier Wertschöpfung verloren geht, auf die wir nicht verzichten müssen, wenn wir jetzt die richtigen Entscheidungen treffen. Ich mache den Autobauern keinen Vorwurf, dass sie aus Europa abwandern, wo man ihnen vor allem das Leben schwer macht. Selbst die CSU und Markus Söder haben sich ja in den Chor derer eingereiht, die lautstark ein Verbrennerverbot fordern. Aber noch haben wir es in der Hand, den Standort Deutschland attraktiv zu halten.
Frage: Verbote gehörten immer zur Industriepolitik, zum Fortschritt. Der Katalysator wurde verordnet. FCKW, DDT wurden verboten.
Köhler: Die Beispiele zeigen doch aber auch, wo der generelle Unterschied heute liegt. Man verbot das FCKW, aber doch nicht den Kühlschrank. Jetzt wird der Verbrenner verboten. Richtiger wäre es die Technik weiterlaufen zu lassen und stattdessen den CO2-Ausstoß oberhalb eines Grenzwerts und perspektivisch ganz zu verbieten. Mit dem Emissionshandel können wir genau das regulieren.
Frage: Brüssel will Hausbesitzer zwingen, ihre Gebäude auf einen bestimmten Standard hin zu sanieren. Was kommt als Nächstes?
Köhler: Den Menschen zu sagen, sie müssen ihr Haus sanieren und einen Standard vorzugeben, wird für massiven Unmut und Verwerfungen sorgen. Wir werden uns auf europäischer dagegen einsetzen, dass den Bürgern eine Zwangssanierung verordnet wird. Diese Richtlinie darf die Menschen nicht belasten.
Frage: Wirtschaftsminister Robert Habeck hat einen Industriestrompreis von fünf bis neun Cent angekündigt. Allerdings nur für Öko-Strom. Machen die Liberalen das mit?
Köhler: Wir brauchen bessere Standortbedingungen. Dazu gehört eine Senkung der Unternehmenssteuer, dazu gehören mehr Freihandelsabkommen. Und dazu kann auch ein Industriestrompreis gehören. Aber im Koalitionsvertrag steht nichts von einem grünen Industriestrompreis. Auch hier droht der Wirtschaft wieder zu viel vorgeschrieben zu werden. Wir wollen keinen gedeckelten Industriestrompreis nur für Öko-Strom oder einen generellen Deckel auf den Strompreis, wie er in Frankreich existiert. Die FDP setzt sich dafür ein, dass es regional unterschiedliche, für bestimmte Branchen passende Preise gibt. Wir brauchen ein Bündel an austarierten Instrumenten. Staatliche Unterstützung ja, aber staatliche Markteingriffe oder einen subventionierten Deckel lehnen wir ab.