Kiel: Kay Richert zu Lieferkettengesetz jetzt!

In seiner Rede zu TOP 47 (Lieferkettengesetz jetzt!) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

Hamburg, Hamburger Hafen, Container Frachter
Bild von Julius Silver auf Pixabay

„‘Der Landtag hat mit Mehrheit ein klares Signal gegen Ausbeutung, Kinderarbeit, Hungerlöhne und Umweltschäden bei der Herstellung von Waren in der Welt gesetzt‘, steht auf den Landtagsseiten über die Debatte vom 28. August 2020. Und genau das war es auch: Ein Zeichen. Ein Zeichen, das die formulierten Ziele nicht erreichen kann. Und das weiß auch jede und jeder. Wirtschaftspolitik ist immer auch Sozialpolitik und das gilt auch außerhalb der deutschen Staatsgrenzen. Es ist richtig, für Freiheit und Menschenrechte weltweit einzutreten. Jedes Land und jede Gesellschaft, die sich Humanität und Wahrhaftigkeit verpflichtet fühlen, müssen das tun. Aber man muss es dann auch tun und nicht nur vom heimischen Sofa aus davon schwadronieren.

‚Freiheit und Menschenrechte weltweit‘ ist eines der sechs Partei-Ziele der FDP. Mir wäre nicht bekannt, dass irgendeine andere Partei das auch von sich sagen kann. Und im Gegensatz zu allen anderen Parteien, machen wir den Mund auf, auch und gerade wenn es unbequem ist. Die FDP-Delegation wurde in China demonstrativ düpiert, weil sie sich deutlich zur Situation in Hongkong, zur Lage der Uiguren und anderem geäußert hat. Hat das irgendwer außer der FDP so deutlich getan? Ich denke nein. Gyde Jensen, FDP-Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein, leitet den Bundestagsausschuss für Menschenrechte und ist das wohltuend wahrnehmbare Gesicht für Freiheit und Menschenrechte aus Deutschland – bei den Bundesministern fällt mir noch nicht einmal ein, wer für Menschenrechte über-haupt zuständig ist. Und vor diesem Hintergrund finde ich es schwer erträglich, mir Unterstellungen anzuhören von Leuten, die mit wissentlich untauglichen Instrumenten so tun, als würden sie etwas tun.

Sollen deutsche Unternehmen bei ihren Engagements im Ausland auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards verpflichtet wer-den? Ja, selbstverständlich. Und meines Wissens nach ist das auch schon der Fall. Deutsche Unternehmen können auch für bestimmte im Ausland begangene Straftaten in Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden. Aber wie sollen deutsche Betriebe die Einhaltung bei fremden Unternehmen im Ausland sicherstellen? Ganz praktisch – wie soll das funktionieren? Einfluss zu nehmen auf die Zustände in Gebieten und Staaten außerhalb des Geltungsbereichs unserer Gesetze ist Außenpolitik. Und bei all der warmen Luft hier frage ich mich doch: Wo ist denn das Engagement der Bundesregierung für mehr Demokratie in Weißrussland, in der Ukraine, in Hong Kong oder gar in China selbst? Was passiert denn für Menschen- und Kinderrechte zum Beispiel im Kongo, wo unter abenteuerlichen Bedingungen das Kobalt für unsere E-Mobilität gewonnen wird? Welche außenpolitischen Initiativen gibt es denn gegen das Verbrennen von Reifenmüll und die thermische Trennung von Kabelschrott in Afrika und Asien? Ein Gesetz, wie Sie es wollen, ist der Versuch, die Verantwortung für Freiheit und Menschenrechte weltweit abzudrücken, so sieht es doch aus!

Ich muss anerkennen, dass der Bundesgesetzgeber in seinem Lieferkettengesetz einige wichtige Bedenken ausgeräumt hat. Bei mittelbaren Zulieferern muss ein Unternehmen nur tätig werden, wenn es anlassbezogen Kenntnis über einen möglichen Verstoß erlangt. Bei unmittelbaren Zulieferern muss ein konkreter Plan zur Minimierung oder Vermeidung erstellt werden, wenn Missstände bekannt werden und das Problem nicht zügig behoben werden kann. Und natürlich muss unverzüglich gehandelt werden, wenn Missstände im Geschäftsbereich eines Unternehmens selbst auftauchen. Außerdem sollen die Verpflichtungen aus dem Gesetz nur für Betriebe mit mehr als 3000 Mitarbeitern gelten. Das ist meines Erachtens nicht unrealistisch. Ich denke im Gegenteil, das sollte selbstverständlich sein.

Sie beantragen aber heute, dass wir uns der dogmatischen Sichtweise der sogenannten ‚Initiative Lieferkettengesetz‘ anschließen sollen. Dabei hat die Wissenschaft ganz klar nachgewiesen, dass deren Vorstellungen untauglich sind, die formulierten Ziele zu erreichen. Untauglich und eine Gefahr besonders für kleine Unternehmen. ‚Ich schaue mit großem Entsetzen auf das Lieferkettengesetz‘, hat dazu der der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, gesagt, ‚das Ganze hat durchaus das Potential, uns über Jahre so zu belasten, dass die Wirtschaftsentwicklung wesentlich geschwächt wird.‘ Leider halten sich große Teile des politischen Berlin für klüger als die Wirtschaftsweisen und auch hier in Schleswig-Holstein sind nicht alle frei da-von.

Abschließend möchte ich noch etwas zu der Attitüde sagen, mit der hier immer über ‚die Unternehmen‘ geredet wird. Wir reden hier unter anderem vom Handel. Und alleine im Handel sind in Deutschland über fünf Millionen Menschen beschäftigt. Das sind über 5.000.000 Existenzen von Menschen, die Sie hier vertreten dürfen. Ein bisschen mehr Fürsorge für diese Menschen und ihre Familien, etwas mehr Anerkennung und weniger Unterstellungen wären da angebracht.“

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert