DJIR-SARAI/CZAJA/MANSOUR-Statement: Starker Rechtsstaat und Prävention gegen Clankriminalität

m Anschluss an die Sitzung des Präsidiums der Freien Demokraten gaben FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, FDP-Präsidiumsmitglied und Spitzenkandidat zur Berliner Abgeordnetenhauswahl Sebastian Czaja sowie Ahmad Mansour die folgenden Statements ab:

Bijan Djir-Sarai

Djir-Sarai: Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz herzlich und wünsche Ihnen alles Gute für das neue Jahr. Wir hatten soeben eine Sitzung des FDP-Präsidiums. Wir haben wie immer selbstverständlich über die aktuelle politische Lage gesprochen und einen Blick nach vorne auf die Herausforderungen des Jahres gerichtet. Wir haben über die Entwicklungen im Verteidigungsministerium gesprochen, wir haben die Lage in Lützerath diskutiert, wir haben aber auch sehr intensiv über außenpolitische Themen wie die Entwicklung in der Ukraine, aber auch das Thema Iran gesprochen. Ich werde diese Themen gleich vertiefen.

Wir haben aber auch einen Beschluss zum Thema Clankriminalität mit dem Titel „Für einen starken und effektiven Rechtsstaat gegen Clankriminalität“ gefasst. Und wie Sie wissen komme ich ja selbst aus Nordrhein-Westfalen. Dort spielt dieses Thema ebenfalls eine große Rolle. Wir sind der Meinung, dass die Politik, vor allem die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen, dieses Thema nicht ernst nimmt. Ähnliche Verhältnisse beobachten wir auch woanders, beispielsweise in Berlin. Deswegen war es aus unserer Sicht wichtig, dass wir uns mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen. Wir diskutieren diese Themen nicht wie die politische Linke das in Deutschland macht, dass bestimmte Themen gefiltert werden, unter den Tisch fallen gelassen werden oder sogar tabuisiert werden. Und wir diskutieren das auch nicht so, wie einige das in diesem Land machen, also eine Debatte mit Vorurteilen, mit Ressentiments zu führen. Auch das machen wir nicht. Sondern das, was wir machen, ist immer eine sachliche Betrachtung dieser Ereignisse, und vor allem immer aus der Perspektive des Rechtsstaates. Und deswegen würde ich dann auch an meinen Kollegen Czaja übergeben.

Sebastian Czaja
Sebastian Czaja

Czaja: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Lagebild in NRW wurde angesprochen. Da müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Grünen das Lagebild Clankriminalität gerne aus dem polizeilichen Lagebild herausnehmen würden. Wir mussten leider in Berlin zur Kenntnis nehmen, dass auch hier eine Stadträtin im Bezirk Neukölln ihr Möglichstes getan hat, um einen gemeinsamen Verbundeinsatz zwischen Polizei, Zoll und Gewerbeaufsichtsamt zu verhindern. In meiner Vorstellung hätte diese Stadträtin verantwortlich ihren Rücktritt einreichen sollen und den Herausforderungen dieser Stadt endlich Platz machen müssen, dass wir uns mit diesen Fragen auseinandersetzen. Wir wollen uns mit diesen Fragen auseinandersetzen. Aber uns geht es nicht darum, mit „Law and Order“ auf die Herausforderungen zu reagieren, sondern ganz deutlich zu machen, dass es uns um einen funktionierenden Rechtsstaat geht. Dass es uns an dieser Stelle aber auch um die Frage von präventiver Arbeit geht. Und von daher freuen wir uns sehr, dass Ahmad Mansour uns hier in diesem Wahlkampf unterstützt und mit dem Wahlkampfteam hier in Berlin in den nächsten Wochen zusammen diese Fragen diskutieren wird. Wir werden hinschauen, da wo man hinschauen muss. Wir werden Antworten geben, da wo Antworten notwendig sind. Und wir werden das nicht tun wie andere das tun, indem sie Ressentiments bedienen, sondern wir werden das insbesondere mit der Frage tun: Wo ist aus integrationspolitischer Sicht etwas schiefgelaufen? Welche Fragen müssen wir uns bildungspolitisch stellen und welche Aufstiegschancen haben die Menschen in unserem Land? Und all diese Fragen haben wir in aller Deutlichkeit in diesem Beschluss des Präsidiums ausgeführt und beantwortet. Und wir werden das jetzt in den nächsten Wochen, aber gerne auch darüber hinaus in Berlin gemeinsam tun.

Ahmad Mansour, 2018

Mansour: Vielen herzlichen Dank! Für mich ist Clankriminalität kein aufgeputschtes Thema. Wer in Neukölln arbeitet, wer mit Menschen mit Migrationshintergrund unterwegs ist, und mit denen über ihre subjektive Wahrnehmung redet, der weiß, dass das Thema auch viele, viele Menschen mit Migrationshintergrund stört, die natürlich auf den Rechtsstaat große Hoffnungen setzen. Neben Repression, über die in den letzten Jahren viel gesprochen worden ist, ist es mir wichtig, drei Themen in den Fokus zu nehmen.

Das erste ist natürlich die Prävention: Es geht nicht nur um den Kampf gegen Straftäter und ihre Strukturen, sondern es geht um den Kampf um die Jugendlichen, die wir erreichen müssen, bevor sie Straftaten als etwas Attraktives empfinden. Diese Präventionsarbeit sollte vor allem in Schulen, in Elternarbeit stattfinden. Keine Familie will, dass ihre Kinder diesem Weg gehen. Und da müssen wir aufklären, den Eltern erklären, auf welche Warnsignale sie achten sollten. Wir sollten aber auch in den Schulen Begegnungen schaffen und diese Menschen dafür gewinnen, dass sie nicht diesen Weg gehen. Diese Arbeit muss intensiviert werden, aber auch nachhaltiger werden. Es geht es nicht darum, dass man ein, zwei Tage darüber spricht, sondern Wertevermittlung, Rechtsstaat, Begegnung und Aufklärung sollten alltägliche Themen in Schulen sein, aber auch in Gefängnissen. Weil wir sehr oft beobachten, dass viele Menschen mit gewisser Gewaltaffinität, die wegen Kleinkriminalität in den Gefängnissen sitzen, ihre kriminelle Karriere erst dort richtig anfangen. Da brauchen wir Anti-Gewalt-Trainings, aber auch Resozialisationsprogramme, die gut funktionieren.

Zweitens ist das Thema Forschung wichtig. Wir sollten unabhängig und objektiv der Frage nachgehen: Warum gehen manche Menschen diesen Weg? Was wirkt da attraktiv, was sind die Push-Faktoren? Welche Faktoren ermöglichen diesen Weg und sollten in mögliche Lösungen einbezogen werden?

Ich empfehle auch den Austausch mit anderen europäischen Ländern. Clankriminalität ist kein Berliner Thema, kein ausschließlich deutsches Thema und auch kein Thema von Nordrhein-Westfalen, sondern man findet das Thema auch in Schweden, in anderen europäischen Ländern. Und da glaube ich, sollten wir den Austausch suchen, um zu lernen, was gut oder schlecht gemacht wird. Was können wir davon lernen und wie können wir dieses Thema jetzt nachhaltig bearbeiten – im Sinne nicht nur von Politik, Polizei und Repressionsmaßnahmen, sondern auch im Sinne von den Menschen, die vor Ort davon betroffen sind und erwarten, dass wir etwas dagegen tun. Vielen Dank!

Djir-Sarai: Sehr geehrte Damen und Herren, wie angekündigt würde ich gerne weitermachen mit den Themen, die wir im Präsidium noch behandelt haben. Die Entscheidung der Verteidigungsministerin Lambrecht haben Sie ja mitbekommen. Wir nehmen diese Entscheidung mit Respekt entgegen, aber wir schauen natürlich nach vorne. Wir haben Krieg in Europa. Und es geht jetzt auch darum, die Zeitenwende vor allem in der Sicherheitspolitik mit Leben zu füllen. Es wird sehr genau nach Deutschland geschaut. In ganz Europa, aber auch innerhalb des Bündnisses, innerhalb der NATO wird sehr genau nach Deutschland geschaut, was in Deutschland passiert und welchen Beitrag Deutschland für die Sicherheitsarchitektur in Europa leistet. Vor diesem Hintergrund wird es aus meiner Sicht notwendig sein, eine Person im Verteidigungsministerium zu haben, die in der Lage ist, diese Herausforderung anzunehmen und vor allem diese Herausforderung zu schultern.

Zum Thema Lützerath und den Bildern, die wir in den letzten Tagen zu sehen bekommen haben: Ich glaube insgesamt, dass diese Bilder nicht gut sind für das Ansehen der Politik und der Demokratie insgesamt in unserem Land. Es ist schon bemerkenswert, dass manche Politiker Beschlüsse im Deutschen Bundestag mit verfassen, mit beschließen, sogar zu einer Koalition gehören, aber gleichzeitig dieselben Abgeordneten dann hingehen und in Lützerath gegen diese Entscheidung demonstrieren. Ich glaube, das schadet insgesamt der Glaubwürdigkeit der Politik.

Mit Blick auf das Thema Energie bleibe ich dabei, dass wir in Deutschland ein Energiekonzept brauchen, das vor allem im Einklang mit der Realität sein muss – ohne Denkverbote, ohne Ideologie und vor allem im Sinne technologischer Offenheit. Also ein Konzept, in dem Technologien wie Schiefergasförderung, aber auch die Frage der Laufzeitverlängerung über April 2023 hinaus eine zentrale Rolle spielen. Würden wir diese Debatten in Deutschland sachlich und nüchtern führen und frei von Denkverboten und Ideologie, dann hätten wir die Bilder, die wir gesehen haben, definitiv nicht. Insgesamt stelle ich fest, dass das Problem auch mit der grünen Symbolpolitik der letzten Jahre zu tun hat. Das müssen aber andere erklären. Aus meiner Sicht ist es unheimlich wichtig, dass wir hier gemeinsam zur Sachpolitik zurückkehren.

Zur Lage in der Ukraine: Wir sind in einer entscheidenden Phase des Krieges. Wir alle wollen, dass der Krieg in diesem Jahr zu Ende geht. Wir alle wollen, dass der Krieg in diesem Jahr mit einem Sieg der Ukraine zu Ende geht. Aber dieser Sieg, dieser Erfolg wird kein Selbstläufer sein, wird auch nicht vom Himmel fallen, sondern dafür muss man einiges tun. Es ist in der Tat in den letzten Wochen auch einiges passiert. Die Lieferung von Marder-Schützenpanzern ist aus meiner Sicht ein richtiger und wichtiger Schritt gewesen nach einer intensiven Diskussion. Aus meiner Sicht wird das nicht das letzte Wort sein, sondern wir müssen sehr genau weiterhin zuhören, was die Ukraine braucht. Und dementsprechend müssen wir der Ukraine auch konkret Hilfe zur Verfügung stellen. Selbstverständlich muss das wie immer international abgestimmt sein. Das ist nach wie vor von enormer Bedeutung.

Zum Thema Iran: Die dortigen Demonstrationen dauern an. Wir haben auch in den letzten Tagen wieder einmal eklatante Menschenrechtsverletzungen im Iran erlebt. Hinrichtungen, Menschen, die verschleppt werden, verschwinden, im Gefängnis landen und gefoltert werden. Das, was Deutschland bis jetzt als Unterstützung für die Revolution der Menschen im Iran anbietet, ist definitiv zu wenig. Hier erwarte ich, dass die Außenministerin konkret liefert. Schöne Worte allein reichen nicht, sondern die Menschen, die gerade für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, also auch für unsere Werte im Iran demonstrieren, sie brauchen mehr als nur warme Worte, sondern konkrete Handlungen. Und es gibt Staaten wie beispielsweise die USA, Kanada, aber auch Großbritannien, die sehr konkrete Schritte einleiten. Ich muss leider feststellen, dass nach wie vor in der Europäischen Union, aber auch im Auswärtigen Amt die Vorstellung existiert, die Lage im Iran würde sich beruhigen und man könne zurückkehren zum Atomabkommen. Ich halte das für einen großen Fehler. Ich glaube, dass wir vor allem in Deutschland, aber auch in der Europäischen Union eine neue Iran-Strategie brauchen. Ich finde, dass es außerordentlich wichtig ist, in dieser Situation die Revolutionswächter auf die Terrorliste der Europäischen Union zu setzen. Hier wäre es gut, wenn von Deutschland aus endlich eine konkrete Initiative kommt. Natürlich ist das am Ende des Tages eine gesamteuropäische Entscheidung. Aber es wäre gut, wenn hier eine Initiative von Deutschland kommt, wenn von Frau Baerbock die Initiative übernommen würde. Ansonsten verlieren wir im weltweiten Kampf für Menschenrechte unsere Glaubwürdigkeit. Und hier erwarte ich einfach, dass Deutschland mehr macht. Das, was bisher geschehen ist, ist definitiv zu wenig.

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