Zur heutigen Regierungserklärung von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der Landtags-FDP, folgende Rede gehalten:
„Verehrte Kolleginnen und Kollegen, zunächst muss ich das Zerrbild korrigieren, das Gesundheitsminister Holetschek hier gerade von der Pandemie-Politik der Bundesregierung gezeichnet hat. Fakt ist: Die Ampel hat unser Land im vergangenen viertel Jahr erfolgreich durch die vierte Welle gesteuert. Sie hat den Sirenengesängen des Panikorchesters widerstanden, das Ende letzten Jahres schon wieder einen erneuten Lockdown gefordert hat. Wäre die alte unionsgeführte Bundesregierung noch am Ruder, säßen wir seit Dezember im Lockdown und es ist gut, dass wir unseren Bürgern das erspart haben!
In Bayern sind wir in den vergangenen Wochen Zeugen diverser wundersamer Wandlungen unseres Bayerischen Ministerpräsidenten geworden.
Beispiel 1: Im November haben Sie, Herr Ministerpräsident, als einer der ersten eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gefordert. Im Dezember haben die CSU im Bundestag und die Staatsregierung im Bundesrat dem entsprechenden Gesetz zugestimmt. Und jetzt wollen Sie eben dieses Gesetz in Bayern nicht umsetzen?
Man kann ja berechtigte Zweifel daran haben, ob diese Impfpflicht angesichts der veränderten Lage noch angebracht ist. Ich selbst teile diese Zweifel. Aber dann muss man sich um eine Änderung des Gesetzes bemühen und nicht einfach sagen: Bei uns in Bayern gilt das nicht. Wenn jede Landesregierung nur noch die Bundesgesetze vollzieht, die ihr opportun erscheinen, dann können wir uns die Gesetzgebung gleich ganz sparen!
Beispiel 2: Herr Ministerpräsident, Sie erklärten jüngst: ‚Wir brauchen Transparenz in den Zahlen. Wir hatten in den letzten Monaten immer so ein Zahlen-Kuddelmuddel.‘
Hört, hört! Als die FDP im Dezember hier im Landtag Aufklärung über die falschen Zahlen des LGL gefordert hat, wurde sie von CSU-Rednern noch reflexhaft in die Nähe von Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretikern gerückt. Inzwischen wissen wir, dass die FDP recht hatte, dass die Zahlen sogar noch stärker verzerrt waren als von uns angenommen. Schön, wenn die Staatsregierung hier nun endlich Besserung gelobt!
Beispiel 3: Sie, Herr Ministerpräsident, twittern vor drei Tagen doch tatsächlich: ‚Es braucht weniger und klarere Regeln. Wir haben uns in Deutschland im Dickicht der Verordnungen verirrt.‘
Ja, wer hat denn dieses Dickicht zwei Jahre lang wachsen und wuchern lassen, wer hat es denn regelrecht herangezüchtet? Wer hatte denn immer die meisten Regeln und die kompliziertesten, wer brauchte immer seine bayerische Extrawurst? Jetzt wollen Sie also vom Bock zum Gärtner werden, wollen das Dickicht lichten. Nur zu, wir sind Ihnen gerne dabei behilflich!
Und genauso verwirrend wie Ihre Regeln, Herr Söder, ist inzwischen auch Ihre wöchentlich wechselnde Zugehörigkeit zu irgendwelchen Teams. Das bringt mich zu Beispiel
Nummer 4: Letztes Jahr waren Sie noch das ‚Team Vorsicht‘, im Januar hieß es dann ‚Team Augenmaß‘, vor einer Woche plötzlich ‚Team Hoffnung‘ und heute ist es das ‚Team Freiheit‘.
Im Fußball nennt man Spieler, die so oft das Team wechseln, Wandervögel. Die kommen zwar viel rum, aber zur Vereinslegende schaffen sie es in der Regel nirgends. Sie, Herr Söder, erscheinen momentan wie der Wandervogel der deutschen Politik – heute hier, morgen dort. Noch dazu als Spieler ohne Teamgeist, immer schon mehr Einzelkämpfer als Mannschaftsspieler. Publikumsliebling wird man so nicht.
Aber wenn Sie jetzt in unser Team, ins Team Freiheit wechseln wollen, soll uns das natürlich recht sein. Jeder, der mithilft, dass unser Land endlich wieder zur Normalität zurückkehren kann, ist uns willkommen.
Denn diese Rückkehr zur Normalität ist dringend nötig. Nicht die Freiheit muss sich in einem freien Land rechtfertigen, sondern immer ihre Einschränkung. Und die Rechtfertigung für die Freiheitseinschränkungen war immer die drohende Überforderung unseres Gesundheitswesens.
Wir sehen, dass diese nicht mehr gegeben ist. Wir sehen, dass sich die Lage durch Omikron und die hohe Impfquote verändert hat. Wir sehen, dass immer mehr Länder um uns herum die Maßnahmen auslaufen lassen. Und deshalb ist es auch richtig, dass wir jetzt den Ausnahmezustand beenden.
Wenn Sie es ernst meinen, werte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dann unterstützen Sie heute unseren Antrag zur Aufhebung der epidemischen Notlage in Bayern. Corona wird nicht verschwinden, aber der Ausnahmezustand muss enden. Das tut er bundesweit am 20. März. In Bayern sollten wir bis dahin schrittweise die Einschränkungen beenden, die das Leben der Menschen in Bayern schon so lange beschweren.“