Thüringer Haushalt muss den Herausforderungen der Krise gewachsen sein

Die Freien Demokraten möchten Bürger und Wirtschaft entlasten sowie die Konsolidierung der Finanzen vorantreiben

Bild von Steve Buissinne auf Pixabay

Der sich auf 12,8 Milliarden Euro belaufende Haushaltsentwurf der Thüringer Minderheitsregierung ist überzogen sowie den Herausforderungen der Krise nicht gewachsen. Deshalb ist er für die Freien Demokraten nicht zustimmungsfähig. „Die Regierung möchte zwar viel Geld in die Hand nehmen. Doch statt den Menschen und Unternehmen zielgerichtet unter die Arme zu greifen, zerrinnen ihr Hunderte Millionen wie Sand in den Fingern“, sagt Thomas L. Kemmerich.

Um die durch Lohnentwicklung und Inflation gestiegenen Personal- und Sachausgaben verlässlich abzubilden, trägt die FDP eine Erhöhung des Landeshaushalts von 11,4 Milliarden (Ist-Volumen in 2021) auf 12,1 Milliarden Euro für 2023 mit. Den Plänen der Landesregierung, rund 700 weitere Millionen auszugeben, erteilt die FDP jedoch keine Zustimmung. Diese zusätzlichen Ausgabenwünsche sind nicht durch Einnahmen gedeckt.

„Wir leben inmitten einer Zeitenwende. Was das jenseits der großen Herausforderungen durch Ukrainekrieg und Energiekrise bedeutet, erleben alle Bürger selbst in alltäglichen Situationen. Der Haushaltsentwurf der Minderheitsregierung bildet diese besondere Lage nicht ab. Er gleicht vielmehr einer Bankrotterklärung“, betont Thomas L. Kemmerich. „Rot-Rot-Grün möchte den Staat mästen, statt die Bürger und die Wirtschaft zu entlasten. Die Rücklagen des Freistaats dürfen nicht für einen allgemeinen Aufwuchs der Ausgaben verfrühstückt werden. Vielmehr kommt es darauf an, dieses Geld den unverschuldet in Not geratenen Bürgern und Unternehmen in Form konkreter Hilfen zurückzugeben.“

Die FDP möchte Rücklagen des Landes in Höhe von rund 640 Millionen in das neugebildete Sondervermögen zur Bewältigung der Energiekrise einbringen. Der Thüringer Landtag hat bereits beschlossen, fast 350 Millionen in dieses Sondervermögen zu überführen. Den Antrag der FDP, den restlichen Betrag im kommenden Jahr bereitzustellen, nahm der Landtag zur weiteren Beratung an.

„Thüringen steht vor großen finanzpolitischen Herausforderungen und Unwägbarkeiten. Der mittelfristige Finanzplan bis 2026 weist eine Deckungslücke von mehr als zwei Milliarden Euro aus. Deshalb braucht es nicht nur Klarheit und Wahrheit im Landeshaushalt, sondern auch das Setzen von Prioritäten in Bereichen, die unser Land langfristig voranbringen“, betont Thomas L. Kemmerich. „Eine konsequente Aufgabenkritik in den Ministerien, wie sie auch vom Rechnungshof eingefordert wird, ist überfällig. Verantwortung für Thüringen zu übernehmen bedeutet nicht, rot-rot-grünen Ausgabewünschen blindlings zuzustimmen. Unser Verständnis von Verantwortung ist ein anderes. Die Landesfinanzen müssen dringend konsolidiert werden. Deshalb sind wir zu konstruktiven Gesprächen über den Haushalt bereit – nicht aber dazu, der Minderheitsregierung einen Blanko-Scheck auszustellen.“

Frühestens im Dezember ist eine Schlussabstimmung über den Haushalt möglich, eventuell aber auch erst in 2023. Die Verfassung des Freistaats Thüringen sieht die vorläufige Haushaltsführung ausdrücklich als legitim vor (Artikel 100). Auch ohne bestätigten Haushaltsplan können notwendige Ausgaben getätigt sowie Investitionen fortgesetzt werden.

 

Wo kann Thüringen sparen? (3 Beispiele)
# 790.020 Euro möchte das Innenministerium für externe Sachverständige ausgeben. Diese enorme Steigerung der Kosten gegenüber den Vorjahren sowie eine zusätzliche Beteiligung der Kommunen an Beratungsleistungen in Höhe von 205.000 Euro konnte das Ministerium auf Nachfrage nicht erklären. Allenfalls 500.000 Euro erscheinen als realistisch.
# 12 Millionen Euro möchte das Sozialministerium für die Förderung gemeinwohlorientierter Beschäftigung sowie das Landesprogramm „Arbeit für Thüringen“ ausgeben. Diese Posten sind verzichtbar, da es sich um Doppelstrukturen zu Bundesprogrammen handelt.
# 10,5 Millionen Euro möchte das Umweltministerium für „Bezüge und Nebenleistungen“ ausgeben. 19 neue Stellen sind vorgesehen. Die Aufgaben können weitgehend vom bestehenden Personal abgedeckt werden. Das Sparpotential beträgt mehr als 800.000 Euro.

 

Wo sollte Thüringen zusätzlich investieren? (3 Beispiele)
# 20 Millionen statt knapp 14 Mio. Euro zur Stärkung des ÖPNV. Die FDP fordert höhere Zuschüsse für die Ersatzbeschaffung von Straßenbahnen. Generell gilt es, bei der Finanzierung von Verkehr-, Mobilitäts- und Infrastrukturvorhaben kommunale Schwerpunkte stärker zu berücksichtigen.
# 7 Millionen statt 2 Mio. Euro zur Umgestaltung von Versorgungsstrukturen der Krankenhäuser sowie 2 Millionen statt 1,1 Mio. Euro für die Förderung der ambulanten medizinischen Versorgung.
# 6,7 Millionen statt 4 Mio. Euro für das Schulbudget. Das entspricht dem jeder Schule zustehenden Anspruch von 30 Euro pro Person zur Finanzierung von außerunterrichtlichen Aktivitäten. Der bislang geringe Mittelabfluss korrespondiert mit einem viel zu bürokratischen Verfahren des Abrufens dieser Gelder.

 

Zitate
„Wir wollen unsere Wirtschafts- und Haushaltspolitik auf drei Grundfeiler stützen, damit die Zukunftsfähigkeit Thüringens gesichert wird. 1. kurzfristige Stabilisierung in der Krise. 2. wachstumsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik zur Steigerung der Produktivität. 3. klare Ausrichtung auf fiskalische Resilienz und finanzpolitische Stabilität.“ Thomas L. Kemmerich

„Der kommunale Finanzausgleich, so wie ihn R2G plant, schreibt die Not der Kommunen nicht nur fort, sondern verschärft ihn sogar. Dem jahrzehntelangen Investitionsstau wird strukturell keine Rechnung getragen. Das erinnert an Zustände wie im Sozialismus. Wir möchten den Kommunen möglichst hohe Investitionspauschalen zugestehen. Über deren Verwendung dürfen sie dann frei entscheiden.“ Dirk Bergner

„Der Freistaat muss ein erkennbares Signal setzen, dass er die Bürger, die Wirtschaft und die Kommunen in der Krise nicht allein lässt. Es kommt auf einen Dreiklang an: auf schnelle Hilfe, auf gezielte Hilfe, auf nachhaltige Hilfe.“ Robert-Martin Montag

„In der aktuell angespannten Situation in den Schulen, brauchen sie vor Ort Handlungsmöglichkeiten, um Unterricht abzudecken und Lernerlebnisse im außerschulischen Bereich zu schaffen. Dazu gehört unbedingt das Schulbudget. Hier dürfen ruhig die 6,7 Millionen zum Einsatz kommen, die den Schulen zustehen. Darüber hinaus muss der Antragsprozess radikal vereinfacht werden, damit Schulleitungen nicht nur den Mangel zu verwalten haben, sondern tatsächlich selbstverantwortlich agieren können.“ Franziska Baum

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