Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff gab der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Gernot Heller.
Frage: Herr Lambsdorff, hat der G20-Gipfel auf Bali mit seinem Verlauf die eigene Existenzberechtigung belegt?
Lambsdorff: Ganz eindeutig ja. Der Gipfel hat gezeigt, dass G20 ein wichtiges Forum für Dialog und Diplomatie ist. Die Kritik an diesem Format, die allzu oft von der linken Seite des politischen Spektrums geäußert wird, geht ins Leere. Denn hier treffen die G7 auf die wichtigsten Staaten des globalen Südens und gemeinsam ringt man um gute Lösungen für Fragen von weltweiter Bedeutung.
Frage: Würden Sie angesichts der Aussagen zum Ukraine-Krieg und zu Atomwaffendrohungen von einem Erfolg des Gipfels sprechen?
Lambsdorff: Ja. Das Versprechen in der Abschlusserklärung, keine Atomwaffen einzusetzen, zeigt, dass der Besuch von Kanzler Scholz bei Xi Jinping ein Erfolg war. Bei dieser Gelegenheit hat sich der chinesische Staatschef erstmals öffentlich gegen den Einsatz von Atomwaffen in diesem schrecklichen Krieg ausgesprochen und das findet sich jetzt auch in der G20-Erklärung wieder.
Frage: Viele sprachen im Vorfeld von einer tiefen Spaltung der G20. Hat der Gipfel daran etwas geändert?
Lambsdorff: Ja, denn wo es zuletzt mitunter eine Spaltung zwischen reicheren und ärmeren, energieintensiven und sparsamen oder demokratischen und autokratischen Ländern gab, lief diesmal der Riss einerseits zwischen 19 Staaten, die Krieg eindeutig verurteilt haben, und andererseits Russland, dessen Präsident noch nicht einmal angereist ist, weil er das wohl genauso erwartet hat.
Frage: Gibt es Anlass zur Hoffnung, dass die Beziehungen zwischen den USA und China wieder in ruhigere Bahnen gelangen könnten?
Lambsdorff: Das bilaterale Gespräch zwischen Präsident Biden und Xi Jinping war jedenfalls ein positives Signal, dass beide Länder einen Dialog führen wollen und es in bestimmten Bereichen wie beim Klimaschutz auch Zusammenarbeit geben kann. Trotzdem bleiben China und die westlichen Demokratien Systemrivalen. Der verschärfte Ton von Xi Jinping gegen Europa und die USA auf dem Parteikongress vor wenigen Wochen gibt jedenfalls bisher keinen Anlass zu der Hoffnung, dass sich die Beziehungen deutlich entspannen werden.
Frage: Welches ist für Sie das bestimmende Signal des G20-Gipfels?
Lambsdorff: Eindeutig die klare Ansage an Russland, dass es immer isolierter dasteht und sich gut überlegen sollte, ob es auf seinem rechtswidrigen und mit menschlich unerträglichem Leid verbundenen Weg weiter vorangehen will.