Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab der „Bild” (Dienstags-Ausgabe) und „Bild.de“ das folgende Interview. Die Fragen stellte Jan W. Schäfer:

Frage: Durch die Schwäche der Union erscheinen plötzlich 3er Koalitionen nach der Bundestagswahl wieder möglich. Mit wem würden Sie lieber regieren: Union und Grünen oder Grünen und SPD?
Lindner: Das Bündnis, in dem Freiheit am größten geschrieben wird. Obwohl ich bedauere, dass die Wirtschaftspolitik eines Friedrich Merz in der Union keine große Rolle spielt, steht uns die CDU da am nächsten. Das Programm der Grünen ist tiefrot. Da geht es um Schulden, Steuern und bürokratische Fesseln. Das finde ich noch nicht attraktiv.
Frage: Also ist die Ampel auf Bundesebene tot?
Lindner: Wir sollten über Inhalte sprechen. Stand heute wirkt die inhaltsleere Debatte auf mich wie ein Ablenkungsmanöver: SPD und Grüne wollen verdecken, dass sie in Wahrheit die größere Nähe zur Linkspartei haben. Über die FDP wird gesprochen, um Wähler der Mitte anzulocken.
Frage: Damit die Ampel zustande kommt, müsste die FDP also mindestens das Finanzministerium bekommen?
Lindner: Wir reden nicht über Posten. Uns geht es um faire Steuern, mehr Digitalisierung, den Abbau von Bürokratie und bessere Bildung. Wir wollen Arbeitsplätze sichern, neuen Technologien eine Chance geben und den Staat modernisieren. Wer glaubt, man könne die FDP mit Dienstwagen und prestigeträchtigen Ministerposten ködern, liegt falsch.
Frage: Geben Sie es doch zu: Sie wollen im Herbst Finanzminister werden!
Lindner: Das wäre 2017 wohl meine Rolle gewesen. Nun wird man sehen. Richtig ist, dass wir den Staat aus dem Schuldensumpf befreien müssen. Das ist eine schwierige Aufgabe. Aber wenn die FDP dazu einen Beitrag leisten kann, scheuen wir uns nicht.
Frage: In Rheinland-Pfalz steht die Ampel-Koalition vor einer 2. Amtszeit, in Baden-Württemberg könnte es erstmals zu diesem Bündnis kommen. Warum tun Sie sich im Bund so schwer?
Lindner: Die Kretschmann-Grünen und die Dreyer-SPD sind anders als die Bundesparteien. Außerdem geht es im Bund zum Beispiel um Grundfragen der Wirtschaftsordnung oder um Auslandseinsätze der Bundeswehr. Hier gibt es große Unterschiede.
Frage: Kann die FDP es sich nach 2017 denn überhaupt nochmal leisten, Koalitionsgespräche scheitern zu lassen?
Lindner: Auf uns können die Menschen sich verlassen. Wir wollen regieren, aber nicht um jeden Preis. Die FDP tritt in Koalitionen ein, wenn wir Ideen umsetzen können. Weil das nicht ging, mussten wir damals Nein zur Merkel-CDU bei Jamaika sagen. Beispielsweise von Armin Laschet weiß ich aus den Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen, dass er für eine faire Zusammenarbeit steht.
Frage: Ihr Wahlziel für die Bundestagswahl?
Lindner: Wir wollen zweistellig werden. Wir wollen Mehrheiten für Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün verhindern, damit die FDP mitspricht. Und wir wollen stärker werden als die AfD.
Quelle:
Pressestelle FDP